Wer nur den lieben Gott läßt walten
und zahlet Steuern allezeit
Der wird sich wunderbar erhalten
die Gunst der hohen Obrigkeit
Man weist ihn nicht als Demokrat
in heil´ger Scheu hinaus zur Stadt.
Was hilft uns denn das Agitieren
was hilft uns uns´re Wühlerei
Wofür uns täglich schikanieren
die Herren von der Polizei.
stets uns’re Klage leer verhallt
am Ohr der herrschenden Gewalt
Man bleibe nur in Ehrfurcht stille
und rüge keinen Übelstand
Wenn man auch deren eine Fülle
im heil´gen deutschen Reiche fand
Er, der die Steuersummen zählt
der weiß, wie viel dem Volke fehlt
Man kennt die rechten Ruhestörer
und gibt auf ihre Reden Acht
mit denen diese Freiheitslehrer
den Staat fast in Gefahr gebracht
Sie müssen, eh wir´s uns versehn
gar oft per Schub auf Reisen gehn
Denk nicht, daß dir bei solcher Reise
Freizügigkeit dein Recht verschafft
die Polizei nach alter Weise
übt ihres strengen Hausrechts Kraft
Sie ist´s, die jeden deutschen Mann
Bestrafen und verweisen kann
Drum gehe stets auf Gottes Wegen
und tue Alles nur getreu
was man dir nur will auferlegen
wenn du auch hungern mußt dabei
Dann weist dich des Gesetzes Wort
nicht aus dem Polizeistaat fort
Text: Max Kegel (1859 – 1902) – Parodie auf “ Wer nur den lieben Gott lässt walten “
Musik: wird gesungen auf “ Wer nur den lieben Gott lässt walten “ oder Im Kreise froher kluger Zecher oder Schleswig-Holstein meerumschlungen
unter anderem in “ Der freie Turner “ – 1913 (dort auf “ Im Kreise froher kluger Zecher „) und ohne Melodieangabe in Max Kegels Sozialdemokratisches Liederbuch von 1896