Zu Bibra in dem Grunde (1848)

»

Zu Bibra in dem Grunde
ward die Freiheit aufgeweckt
und es hörten auf die Kunde
manche Stadt und mancher Fleck
Naumburg , Weißenfels und Halle
hörten nur auf Stockmann alle

Auf, auf zur Mobilkolonne
wer nur Mut im Herzen hat
Jetzt leucht´ uns die Freiheitssonne
Kommt, wer ist ein Demokrat!
Stockmann, Neuhaus, Maaß, Lorei
streiten gegen Tyrannei

Und es kamen mit einem Male
Wohl eintausend Mann heran
und in einem großen Saale
schwuren sie dem Herrn Stockmann
Denn sie haben alle Mut
opfern freudig Gut und Blut

Schon beim Wirt zum „Weißen Rosse“
hatte Stockmann kommandiert
Und man hat auf ihn geschossen
drum wird alles demoliert
Keines blieb auch unversehrt
Doch der Wirt war desertiert

Und nun kurz nach diesem Spaße
kamen hundert Mann herbei
zogen auf der breiten Straße
und ihr Führer war Lorei
Lorei und auch Maaß dazu
brachten Bibra Hilf und Ruh

Gleich nachdem sie angekommen
hier in Bibra in der Nacht
Wurden sie gut aufgenommen
und in ein Logis gebracht
Und was gleich danach geschah
ich hier jetzt erzählen mag

Auf, auf, Brüder, zur Kolonne
denn ihr habt es ja erfahrn
Schaut, o Brüder, welche Wonne
schaut die schönen grün´ Husar´n!
Laßt sie in die Höhle rein
alles muß gefangen sein!

Und der Leutnant AIvensleben
und ein Unteroffizier
zwanzig Mann auch noch daneben
kamen g´fangen ins Quartier
Mußten alles geben her
Pferde, Mäntel und Gewehr

Und es dauerte nicht lange
fuhr der Dr. Stockmann fort
Denn es ward ihm angst und bange
Und er floh von Ort zu Ort
Wollte in ein fremdes Land
wo er war ganz unbekannt

Und es trat nun an die Spitze
Dr. Neuhaus — offen, frei
Doch die Freiheit blieb nun sitzen
und es kam die Tyrannei
Schnell floh Maaß und auch Lorei
doch Herr Neuhaus blieb getreu

Und von Bibera da schauten
flugs die Freiheitskämpfer raus
Man fing an, gleich sehr zu lauten
auf Befehl des Herrn Neuhaus
Denn es kamen von Laucha her
große Massen von Militär

Und der General Schack zu Rosse
sprach zu seinem treuen Heer
„Freunde, wird auf euch geschossen
dann gibt´s kein Pardon nicht mehr
Mordet eilig und geschwind
Greise, Männer, Weib und Kind“

Doch ein Held, der stieg behende
auf sein Roß und ritt hinaus
mitten in der Feinde Hände —
Es war unser Herr Neuhaus!
Doch viel besser wär es ja
Er blieb dort in Bibera

Denn ihr habt es ja erfahren
Was man ihm dort hat angetan
Es waren ja die blauen Husaren
Man vergißt nicht ihre Tat
Doch Herr Neuhaus in der Not
Scheute nicht den bittern Tod

Und wie ist es denn ergangen
Unserm Herrn Stockmann?
Ach, den haben sie gefangen
Auf der Thüringer Eisenbahn
Und man brachte ihn sehr schnelle
nach Erfurt auf die Zitadelle

Und nun lasset uns aufblicken
zu dem Vater im Himmel an
er möchte uns bald wieder schicken
unsern freien Herrn Stockmann
Alle die gekämpft fürwahr
in dem deutschen Bibera!

Text und Musik: aus Bad Bibra während der Revolution von 1848 – entweder von einem alten Schäfer oder einem jungen Mann aus Laucha .

Liederthema:
Liederzeit: vor 1848 : Zeitraum:
Schlagwort:
Orte: , , , , ,


CDs und Bücher mit Zu Bibra in dem Grunde (1848):

Anmerkungen zu "Zu Bibra in dem Grunde (1848)"

in: Bad Bibraer Heimat . Zwanglos zur Bibraer Zeitung erscheinende Blätter für Heimatforschung und heimatliches Leben,  Nr. 6, 22. Heuert 1933 (zu Nr. 87), Seite 24 – Überschrift: „´s Bebersche Lied von 48“ . (Zeichensetzung und Orthographie leicht korrigiert) – Mit kleineren Abweichungen wurde das Lied auch im „Kalender für den Kreis Eckartsberga 1936“ angedruckt. In dem Kalender heißt es: „Dieses Lied soll der einen Lesart nach von einem alten Schäfer, der anderen nach von einem Lauchaer jungen Manne verfaßt sein (daß der Verfasser aus Laucha stammte, darauf weist der Vers hin: Es war unser Herr Neuhaus)…“  Zum Hintergrund des Liedes  ( nach Steinitz II 1962)