Willst du nichts vom Bräut’gam hören
wünschest dir für ihn den Tod
lass dich nicht, mein Kind, betören
setz dich willig nicht in Not
denk, was dieses sei für Pein
alt und doch noch Jungfrau sein
Lieben und geliebt zu werden
Ist das Beste von der Welt
Ist was bloß dies Haus der Erden
Frei von allem Fall erhält
Was nicht lieben will noch kann
Wozu taugt es um und an?
Wenn der Scheitel dir wird blecken
Und du wirst die Zähne nicht
Mehr vor Allen können decken
Runzlich sein im Angesicht
Ach hätt ich doch vor der Zeit
Wirst du sagen noch gefreit
Wie die Äpfel samt den Zweigen
Vor dem Gartenherren sich
Um die Herbstzeit niederbeugen
Und fast sprechen: Pflücke mich
Wie der damals reife Wein
Seufzt und will gelesen sein
Wie die volle Ros im Lenzen
Kläglich tut nach deiner Hand
Wie dein Härchen zu bekränzen
Von dir werden angewandt
Wie auch gern die reife Saat
Ihren Trost die Schnitter hat
Also reifen Deine Gaben
Und trügt mich das Auge nicht
Wollen einen Freier haben
Was dein Mund dawider spricht
Wo nicht du doch deine Zier
Suchet einen Bräutgam dir
Komm zu mir mein Obst und Traube
Ros und Saat erfreue mich
Komm nach deiner Früchte Raube
Sehnet meine Seele sich
Dies Obst sättigt meinen Sinn
Ob ich sonst gleich obstscheu bin
Liebeslied von Simon Dach
Musik: H. Albert (1657)
in Volkstümliche Lieder der Deutschen (1895, Nr. 446 )
Von Herder gekannt (s. Einleitung zu dessen Volksliedern), aber nicht aufgenommen. Er zitiert den Anfang etwas abweichend (ohne Bräutigam), wahrscheinlich so wie das Lied im Volksmund war:
Willst du nichts von Liebe hören
nennst das Freien Ungemach
Ach du kennst noch nicht die Pein
alt und doch noch Jungfer sein