Wilhelm komm an meine Seite
Gib mir den letzten Abschiedskuß
Schlummernd hört ich ein Geläute
Welches mich zum Grabe ruft
Wilhelm drücke ach so drücke
Dich an meine bange Brust
Nimm von meinen kalten Lippen
Nimm den letzten Abschiedskuß
Treu und fromm war mein Bestreben
Liebevoll dein Weib zu sein
Bester König dir zu leben
Und der Tugend treu zu sein
Aber ach ganz ohn Erbarmen
Droht das Schicksal mir den Tod
Reißet mich aus deinen Armen
Drückt mein Herz mit Gram und Not
Frankreich hat uns überwunden
Dies mein König kränket dich
Dies verkürzet mir die Stunden
Und reißt mich so schnell von Dir
Ach wie leiden unsre Staaten
unsre brave Garnison
Offizier wie auch Soldaten
Ach wie leidet unser Thron
Dies war lange schon mein Grämen,
Magdeburg und Halberstadt
Auch Westfalen hinzugeben.
Da man nicht gesündigt hat.
Das ists, warum ich mich kränke.
Alles steht in Gottes Hand
Ists sein Wille, o, so schenke
Er dir das verlorne Land
Sorge nur für unsre Kinder
Nimm sie an dein Vaterherz
Sie sind Kinder, jung, und minder
Fühlen sie den bittern Schmerz
Laß sie christlich fromm erziehen
Armen immer Gutes tun
O so wird dein Staat einst blühen
und auf Dir wird Segen ruhn
Nimm den Vorrat, den ich lasse
Gold und alles Silbergeld
Gib ihn in die Armenkasse
Dafür ist er nur bestellt.
Meinen Tod, den sie beklagen
Ist für sie gerechter Schmerz
Weinend werden sie dir sagen-
Louise hatt‘ ein gutes Herz! —
Nun, mein Wilhelm, ich muß scheiden
Meine letzte Stunde schlägt
Nun entgeh ich allen Leiden
Die man hier als Mensch nur trägt.
Denn mein Geist eilt jetzt den Höhen
Himmlischer Bestimmung zu
Wo wir einst uns wieder sehen
Ungetrennt in sel’ger Ruh.
Nein, ach nein, es ist nicht möglich
Ich soll nun getrennet sein?
Denn mein Geist ist bei dir täglich
Bester König, nur allein.
Bis dich einst an meine Seite –
So wie mich, Bestimmung ruft,
Und ein tönendes Geläute
Zu mir bringt in meine Gruft
Mache nur wenn ich erbleiche
Keinen Aufwand keine Pracht
Senke stille meine Leiche
In die finstre Gruft hinab
Arme, die ich hier auf Erden
unterstützt mit meiner Hand
Diesen Wilhelm wirst du geben
Was ich hab an sie verwandt
In Charlottenburg bereite
Bester Wilhelm mir das Grab
An des stillen Schlosses Seite
Wo ich dir mich einst ergab
Auf die schöne grüne Wiese
Baue mir mein Denkmal hin
Schreib darauf Hier ruht Luise
Preußens selge Königin
Text: Verfasser unbekannt
Musik: gleiche bzw nach und nach umgesungene Varianten von „Kleine Blumen kleine Blätter„.
„Das war lange ein Lieblingslied der Frauen und Mädchen, die der wehmütige, religiöse und zugleich menschlich-empfindungsreiche Ton anzog. Zugleich ists ein schönes Denkmal im Herzen des Volkes für die edle Königin. L. Erk überreichte am 10. März 1876 dieses Lied Sr. Majestät Kaiser Wilhelm I. (vergl. K. Schultz«: L. Erk, eine biograph. Skizze, Berlin 1876, S. 91) (Böhme)