Wer hat Lust mit mir zu ziehen
in die Stadt Jerusalem
Denn darinnen kann man sehen
was der weise Salomon
hat gebauet, Schlösser und Kirchen
Alles ist von Stein und Holz
Alles überzogen worden
it dem Silber und roten Gold
Der Glanz ist nicht auszusprechen
Von der Stadt Jerusalem
David spielet auf der Harfe
Benjamin spielt Flöt trawar
Isaak tanzt mit Rebecca
Jakob mit der Rahel schön
Zu der größten Freud und Wonne
Auf dem Schloß Jerusalem
Auf dem Schloß da kann man haben
Kaffee, Schokolad und Tee
Und der Wein der tut da fließen
Wie die Donau in die See
Hat man Lust zum Tabakrauchen
Von dem schönsten Knastertabak
Spaniol und Brasilier zu schnupfen
Rauch und schnupf nur tapfer drauf
Hat man etwa Lust zu jagen
Gar nicht weit ist da ein Wald
Da schießt man Rehböck und Hasen
Daniel selbst geht voran
Er zeigt uns die Löwengrube
Wo er drin gesessen hat
Pauk, Trompeten hört man blasen
In dem schönen Waldpalast
Hat man etwa Lust zu singen
geh allda nach Ephrata
Benjamin der kommt gegangen
bringt sein altes Silber mit
gibt es selbst in ihre Hände
läßt sie fliegen in die Höh
wo die Vöglein lieblich singen
auf dem Schloß Jerusalem
So lang sich mein Herz beweget
und ein warmes Tröpflein Blut
in den blauen Adern reget
bleib ich dir mein Engel gut
Treue Liebe edle Liebe
hasset allen Wankelmut
von den Ketten zu erlösen
führe mich in Canaan
Text und Musik: Verfasser unbekannt
in Deutscher Liederhort III (1894, Nr. 1766 „Das neue Jerusalem“)
Die Strophen 5 und 7 in „Deútsches Liederlexikon“ (1865) Nr. 883
„Obenstehendes Scherzlied, bis um 1840 beliebt, war am Ende des 18. Jahrhunderts entstanden, ist fast, als wenn ein getaufter Jude es gemacht hätte“(v. d. Hagen) – Das Lied ist eine Travestie des ältesten Kirchweihgesangs der katholischen Kirche: „Urbs beata Hierusalem“. (8. Jahrhundert ?)
Zur Geschichte dieses Liedes:
Versionen, Parodien und Nachdichtungen: :
Liederthema: Auswandererlieder, Geistliche Lieder
Liederzeit vor 1770 - Zeitraum: 18. Jahrhundert: Volkslieder
Stichwort: gg • Orte: Jerusalem, Schlesien
Geschichte dieses Liedes: Urbs beata Hierusalem
Anmerkungen:
Das Lied ist eine Travestie des ältesten Kirchweihgesangs der katholischen Kirche: „Urbs beata Hierusalem“. (Lateinischer Text s. WK. I. Nr. 124. — Mone. Hymne I. S. 319). Diese berühmte Hymne soll nach Rambach (Anthol. christl. Gesänge I, 179) aus dem 8. Jahrhundert stammen. Prof. Fortlage (Gesänge deutscher Vorzeit S. 186) übersetzt sie im Schwunge des Originals, anhebend :
O Jerusalem du selge,
Deren Nam ist Friedensglanz,
Die zum Himmel auf du steigest
Aus lebendigen Steinen ganz.
Die mit Engeln du gekrönt bist
Bräutlich stehst im Palmenglanz
Deutsche Übersetzung um 1537 mit alter Melodie s. Bäumker II. Nr 312:
Jerusalem, du selge Stadt
Drin der Fried sein Wohnung hat…
Textvarianten:
- 6.3 Ei wärst du nur in der Nähe
Schlesische Volkslieder (1842): „Nach mündlicher Überlieferung bei Erk VL 1 36 37 hat zwei Strophen mehr, beide werden auch bei uns häufig gesungen, die eine, bei Erk Str 7, gehört zu einem Liebesliede und die andere (bei Erk Str 5) ist reiner Unsinn, der in einem Texte aus Strehlen also lautet:
Hat man Luft zum Tischkurieren
Findet hundertfach Pläsier
Wo die Vöglein lieblich schwätzen
Und die Venus tritt herfür
Ephraim kommt selbst gegangen
Zeigt Egypten wo er geht
Gibt sich ihm wohl selbst gefangen
Läßt ihn steigen in die Höh“
Zweite Melodie:
Dritte Melodie:
Ähnliche Lieder:
In diesen Büchern:
Aus Schlesien, Brandenburg und Sachsen: Erk II. I, 31. Ebenso Hoffmann, Schlesische Volkslieder Nr. 268. (Mehrere Melodien) — Nach einem fliegenden Blatt, bloß 3 Strophen, im Wunderhorn II. 1808, S. 40S (n. A. II. 426 wie hier). – Musikalischer Hausschatz der Deutschen (1843)