Wenn einst in ein junges Herze
Zieht die wahre Liebe ein
Treibt dann, Eltern, keine Scherze
Mit der Kinder Liebespein
Trauer nur voll Zuversicht
Treue Liebe wanket nicht
So auch Heinrich und Marie
Liebten sich mit Zärtlichkeit
Doch den Vater spät und frühe
mußten fliehn sie weit und breit.
Bis er bei süßem Hoffen
Und Küssen sie getroffen
Und in eine finst’re Kammer
Wurde sie dann eingebracht
Mußte hier bei großem Jammer
Seufzen so bei Tag und Nacht
Bis sie mit Entschlossenheit
Aus dem Kerker ward befreit
Heinrich holt sie aus dem Keller,
Worin sie verweilt mit Ruh
Beide fliehen dann gleich schneller
Von dem Haus dem Walde zu
wollen so am andern Ort
Lieben sich stets fort und fort
Noch im Wald zu übernachten
Waren sie gesonnen gleich
Doch nicht beide hier erwachten
Marie war am Morgen Leich‘
Und beim nächsten Sonnenschein
War verschwunden ihre Pein
Heinrich, der Verzweiflung nahe
War das Leben nicht mehr lieb
Als Marien tot er sahe
Es auch ihn zum Selbstmord trieb
Bracht mit einem jähen Schuß .
Dieser Welt den Scheidegruß
Als der Vater hört die Kunde
Hielt er’s länger nicht mehr aus
Er ward wahnsinnig zur Stunde
Man bringt ihn ins Jrrenhaus
Wo er dann in großer Not
Starb einen jammervolIen Tod
Text und Musik: Ernst Becker (Bänkelsänger aus Berlin-Tegel)
in: Die Moritat vom Bänkelsang (1959)