Höret, ihr Bürger und Nachbam vom Land
was euch verkündet mein Herz
Längstens mit eurem Schicksal bekannt
teile ich Freude und Schmerz
fühl es, wenn klagend ihr rufet:
„Ach, so kommen wir alle von Federn auf Stroh!“
Wo man nur hinsieht, herrscht Mangel an Geld
Kassen und Beutel sind leer
Jammernd sagt einer dem andern: „Es fehlt!
Wahrlich, die Zeiten sind schwer!
Allgemein lautet das Klagelied so:
„Nachbarn, wir kommen von Federn auf Stroh!“
Gläubiger kommen und fordern den Zins
künden das Kapital auf
Schuldner Versäumen den Tag des Termins
bringen die Summe nicht auf
Ach, da entstehen Konkurse und so
kommen wir endlich von Federn auf Stroh
Wahrlich, mich rühret die missliche Lag
in die der Mangel euch treibt
wenn man auspfändet und jeglichen Tag
neue Konkurse ausschreibt.
Seh ich euch drängen, dann seufze ich so:
„Freunde, ihr kommet von Fedem auf Stroh!“
Aber verzeiht mir und hört mit Geduld
wenn ich euch sage, woher
alles dies kommt. Ihr selber habt schuld
dass jetzt die Zeiten so schwer
Wisset, ein anderes Sprüchlein heißt so
„Spare dir Fedem, du kommst nicht aufs Stroh!“
Bittere Wahrheit, zum besten gemeint
kann nicht verwerflich euch sein
wenn ich nicht fürchte, ihr werdet mein Feind
lass ich auf Gründe mich ein
Sicher gesteht ihr am Ende: „Ja, so
kommen wir freilich von Federn auf Stroh!“
Über Abgaben beklagt ihr euch sehr
die ihr die drückendsten nennet
jammervoll zählt ihr die Steuern daher
welche man sonst nicht gekennet
seufzet und klaget einander: „Ach, so
kommen wir alle von Fedem auf Stroh!
Manche Abgabe, wohl die größte entsteht
häßlicher Faulheit zuliebe;
unbenutzt mancher der Tage vergeht
ohne Verdienst und Betriebe
ohne einträgliche Arbeit und so
kommen Faulenzer von Federn auf Stroh
Eure zweite Abgabe, die fließet hin
in das verschlingende Grab
trügenden Lottos; euch bietend Gewinn
lockt es, euch bettelnd, selbst ab.
O, die Verrückten, die kommen ja so
ohne Errettung von Federn auf Stroh.
Eure dritte Abgabe verzehrt
Luxus mit täuschender List
da ihr entbehrliche Dinge begehrt
kauft und gebraucht und genießt
lockt ihr das Geld aus der Börse und so
bringt ihr euch alle von Federn auf Stroh.
Juden mit Tücheln und Spitzen und Band
schachern im Dörflein umher
bringen, was Neues die Mode erfand
allerleifarbig, daher.
Handelt und kaufet und borget ihr, so
kommt ihr von Geld und von Federn auf Stroh
Zahllose Krämer, belastet, von fern
rasseln mit Karren heran
stören die heiligen Tage des Herrn
hämmern sich an
Alles kommt, kaufet und naschet und so
kommet ihr freilich von Federn auf Stroh
Leinen und Wolle, im Hause gemacht
dauerhaft, farbig und echt
trugen sonst Mutter und Tochter und Magd,
Vater, Sohn und der Knecht.
Jetzt kauft ihr Spinnengewebe und so
kommt ihr zusammen von Federn auf Stroh
Sammet, Manchester und seidenes Zeug
sonst nur dem Städter bekannt
was dem Arbeiter zu schwach und zu weich,
tragen jetzt Leute vom Land,
über den Stand erhebend und so
bringt euch Hoffaıt von Fedem auf Stroh
Eure Voreltem genossen sonst früh
Suppe mit kräftigem Brot
jetzt trinkt ihr süße, kostspielige Brüh
diese bringt Schwäche und Not
schicket Millionen ins Ausland und so
kommt ihr vom Geld und von Fedem auf Stroh
Viele, gemächlich und ohne Verstand
bleiben beim Schlendrian stehn
treiben Geschäfte und bauen das Land
ohne aufs bessre zu sehn;
rücken nicht vorwärts mit andem und so
kommen auch viele von Federn auf Stroh
Ist die Beleidigung noch so gering,
gar nicht bedeutend die Sach
ohne Versöhnung und Friedensbeding
denkt ihr auf Klage und Rach
laufet zum Landgericht, zahlet und so
bringt ihr einander von Federn auf Stroh
Kaum ist der Knabe der Schule entrannt,
dampft ihm das Pfeifchen im Mund
silberbeschlagen und stets in der Hand
gibt zur Vermutung den Grund
daß er ein Schwelger einst werde und so
daß er bald komme von Federn auf Stroh.
Helft ihm, ihr Eltern, zur Taschenuhr auch
hängt sie am Kettchen ihm an
führt ihn zur Schenke nach eurem Gebrauch,
geht ihm zum Tanze voran
denkt an das Sprüchlein, das sagt von ihm so:
Dieser kommt einstens von Fedem auf Stroh! “
Müßiggang, Modesucht herrschen im Dorf
haben manch Laster erzeugt
Gottesfurcht, Unschuld und redliches Wort
werden von jenen verscheucht
Laster bestrafen sich selber und so
kommt man im Dorfe von Federn auf Stroh
Freunde, drum wenn ihr klagt, tut ihr nicht recht
wenn ihr sagt: Zeiten sind schwer;
Zeiten sind,wie zuvor, Menschen sind schlecht
leben wie ehemals nicht mehr
Lebt wie die Alten, so glücklich und froh
sparet euch Federn, ihr kommt nicht aufs Stroh!
Jüngling, arbeite und bete ums Brot
lerne als Bürger und Christ
spare beizeiten, so hast du in Not,
laß, was entbehrlich dir ist.
Meide Torheiten und Laster auch so,
spare dir Federn, du kommst nicht auf Stroh!
Text und Musik: Verfasser unbekannt
DVA A 163651 – Ohne Noten
aus einem handgeschriebenen Liederbuch von Barthel Heiß, geschrieben 1897, Marktleugast, Bayern