Jetz han i mir schon grod gnu ghaust

Vom Bauernstand

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Jetz han i mir schon grod gnu ghaust

Jetz han i mir schon g´rod g´nu ghaust
I hätt a Lust zu wondern
Es is mein Treu schon völli aus
Was muaß i jetzt anfangen?
Drhausen laßt sich a nix mehr
Es ist schon Alls vergeben
Doch sagt zu mir mein gstrenger Herr:
Mir hätten ´s beste Leben.

Danägst sagt mir der Diener an
Sollt a die Steu´r hob´u geben
Ma hob´n anonda freundlich g´tröst
I han ihm klagt mei Leben
Ma habn anonda recht zug´schneitzt
Er huast mi gleich an Lumpen
Auf d´Letzt bin ich ihm gworden zu gscheidt
Er hot an mir nix gfunden.

Wie i bin kemma in d´Kanzlei
That mich der Pfleger fragen,
Wo ich a wollt gebn d´ alte Steur?
Da that i Na d´rauf sagen;
Hon jetzt kuan Geld, mei gstrenger Herr,
Hon noch nit gar ausdroschen,
Da denk´ ich mir gleich in der Still:
Er schlagt mir schon in d´Goschen

Wo ist der Diener schreit er gleich
Laß dich in Kotter stecken
Da zittert mir mei ganzer Leib
Tat mi nit wengerl schrecken
Doch denk ich mir gleich in der Still
Wird wohl n Hals nit gelten
Bin i nur stað und los a wen g
Und that mich enda melden

Zum Schlapperment mei g strenger Herr
Es muaß nit glei in Kotter
Geht mir mein Treu nur gar so schwer
Mei Weib will mir nix kochen
I han oft a Supp n i sags fein rund
Möcht Oan sich schier vergessen
Den g’strengen Herrn sein Pudelhund
Tat g’wiß koan Bissen fressen

Da jo mei lieber g’strenger Herr
Wie sollt a Geldl klecken
Wo sollt m’r Olles nehmen her
Bald muß m’r lassen decken
Pflüg und Arn muß m’r hab’n
Wagen und and’re Sachen
Wann i denk an d‘ ganze Wirtschaft
Vergeht mir wahrlich ’s Lachen

Und is a Krieg wohl in dem Land
Muß a d’r Bau’r herhalten
Soldaten stell’n das waß m’r schon
M’r nimmt a an kan olten
Und Fürspann stell’n und Lieferung geb’n
Dös kann i mir a wohl denken
M’r derf dazu ka Wört’l sagen
’s taten an glei aufhenken

So sei nur still und hör bald auf
Mir g’währt schon z’lang dein Pred’gen
A Zeit lang will i noch warten aus
I will dir etwas geben
Do host vier Zwanz’ger, geh nach Haus
Tu zu der Wirthschaft schauen
A Zeit lang will ich dir noch warten aus
Mußt aber dein Fleiß auch brauchen

A jo mein lieber g’strenger Herr
Dofür tu ich Dank sog’n
Is mir mein Maul a gar so schwer
Zweg’n Zwanz’g’r will ich wag’n
In’s Wirtshaus is mei erster Gong
Will ich mein Herz erquicken
Wonn ich das Geldl beinonder hon
Wir i’s schon fleißig schicken

Schlossar, Deutsche Volkslieder aus Steiermark Nr. 221 (Der Bauer und der Pfleger) S. 247 und 458 (Melodie)
Steinitz I S. 92, 21C , 3. Strophen

500 Jahre Bauernkrieg

Wessen Erde ist die Erde ?
Wessen Welt ist die Welt?

Die Grenzgänger spielen Lieder und Texte aus dem Bauernkrieg von 1524/1525 und ziehen die Parallelen bis in die heutige Klimakrise. Lieder aus der bedeutenden Sammlung “Deutsche Volkslieder demokratischen Charakters” von Wolfgang Steinitz (1954/1962) und Songs von Bertolt Brecht treffen auf Geschichten des legendären Bundschuh-Führers Jos Fritz, Passagen aus den Reden Thomas Müntzers und aus den Memminger Artikeln, der frühesten gedruckten Erklärung der Menschenrechte von 1525. (Weitere Infos)


CDs und Bücher mit Jetz han i mir schon grod gnu ghaust:

Anmerkungen zu "Jetz han i mir schon grod gnu ghaust"

„Insgesamt 9 Strophen: der Pfleger droht mit Gefängnis, der Bauer kann ihn zum Schluß erweichen. Es handelt sich also nicht um eine eigentliche Bauernklage, sondern um ein bänkelsängerartiges Erzähllied unter Benutzung der Motive der Bauernklagen. Die Melodie trägt m. E. bänkelsängerartigen Charakter ….Wahrscheinlich haben Bänkelsänger für ihr Bauernpublikum auch Lieder über das Elend der Bauern vorgetragen und so zur Verbreitung dieser Lieder beigetragen. Als fliegende Blätter erschienene Bauernklagen aus den Jahrzehnten vor 1800 und aus dem 19. Jh. sind mir zwar zur Zeit nicht bekannt, sind aber wohl noch nachweisbar.“
(Steinitz I S. 92)