Vernehmt, o Leut, die Moritat
die einst sich zugetragen hat
vor vielen, vielen hundert Jahr
sonderbar
Im Land der Griechen ist zu sehn
die wunderschöne Stadt Athen
Da wohnt zur Zeit des Perikles
Sokrates
Sein Vater Sophroniskos, der
war von Natur ein Bildhauer
den Marmelstein schlug er zurecht
gar nicht schlecht
Der sprach zu seinem Sohn: „Fürwahr,
du bleibst bei mir, was Vater’n war
Denn zum Studieren braucht man Geld,
und das fehlt
Im Anfang freilich war auch er
gleich dem Vater Bildhauer
und wohn’t in einer Bude klein
ganz allein
Und als er dacht‘ ans Heiraten,
war in der ganzen Stadt Athen
auch nicht ein einzig Mägdelein,
ihn zu frei’n.
Denn es besaß Herr Sokrates
kein angenehmes Äußeres
Er war ja wüst und buckelig,
äußerlich
Und wenn es regnet‘, welch ein Spaß
da wurde ihm der Schädel naß
Auf seinem Haupte wunderbar
wuchs kein Haar
Und doch trotz diesem Hindernis
fand sich ein Weib für Sokrates
aus einem Dorfe in der Näh:
Xanthippe!
Doch dies erwies sich mit der Zeit
als eine Unvor sichtigkeit
Besagtes Weib, Madam Xanthipp,
war eine Ripp
Er ging deshalb nur selten heim,
saß lieber in die Kneip hinein
und trank dort oft bis morgens vier
Bayrisch Bier
Es fing deshalb das böse Weib
zu prügeln an des Gatten Leib
Es diente ihr zu diesem Ziel
’n Besenstiel
Dort an dem Markt pflegt‘ er zu steh’n,
wo Mann und Weib vorübergehn,
und sprach: „O Mensch, erkenne dich
innerlich“.
„Bei allen Göttern und beim Styx
mit Menschenweisheit ist es nix!
Es lockt vom Ofen keinen Hund
all der Schund“
Doch während er noch solches sagt‘,
da fühlt er sich am Rock gepackt.
Das tat mit seinem langen Arm
ein Gendarm
Wenn richtig man betrachtet es,
so hatte recht Herr Sokrates
Doch dieser Ansicht war nun nicht
das Gericht
Man schleppte ihn zum Volksgericht
am Schopf wie einen Bösewicht
Dort sprach der strenge Staatsanwalt:
Macht ihn kalt
Im finstern Kerker, welch ein Graus,
blies man das Lebenslicht ihm aus.
Was hat ihm wohl den Tod verschafft?
Schierlingssaft
Und die Moral von der Geschicht:
Nehmt euch kein böses Weibsbild nicht!
Sie macht den Mann nach großer Not
mausetot
aus dem 19. Jahrhundert