Unter dieser Eiche laßt Euch nieder
Brüder, seht, hier ist das Mahl bereit
Trinkt und singt, das erste Eurer Lieder
sei der Wälder Königin geweiht
Dir gebührt’s vor allen Riesen Eiche
Wunderkind der prächtigen Natur
kein Geschöpf im weiten Pflanzenreiche
trägt wie du der Allmacht hohe Spur
Wer vermag der Iahre Zahl zu nennen
die dich auf zum Himmel wachsen sah
wer in dunkler Vorzeit zu erkennen
was mit dir und um dich her geschah
Hermann hat vielleicht vom Waffentanze
einst in deinem Schatten ausgeruht
träufelnd von Siegers Schwert und Lanze
netzte dich der stolzen Römer Blut
Jubelnd brachen seine Siegerscharen
sich den deutschen Lorbeerzweig von dir
letzten sich an deiner Frucht und waren
ärmer zwar, doch glücklicher als wir
Du vielleicht hast einst den Saft bereitet
der aus Luther’s mächtiger Feder floß
und durch seiner Schüler Kiel geleitet
Glück und Segen auf die Menschheit goß
Zahllos ist des edlen Wildprets Menge
das sich feist geäst an deiner Frucht
zahllos stehn in herrlichem Gedränge
Millionen Kinder deiner Zucht
Selbst nach deinem Tode wirst du leben
umgewandelt durch des Künstlers Hand
wirst, ein Kriegsschiff, auf den Fluten schweben
Schrecken bringend bis zum fernsten Strand
Dienst dem Brittenm der mit stolzen Blicken
sieggewohnt der Meere Szepter hält
oder trägst auf deinem kühnen Rücken
den Entdecker einer neuen Welt
Rufet einst, wie ihre Kinder alle
die Natur auch uns zur Ruh ins Grab
und die Axt hat dich erreicht so falle
auch für uns zum Sarg ein Brettchen ab
Text: Lied auf die (deutsche) Eiche – von Philipp Ludwig Bunsen (1760-1809) .
Musik: Friedrich Rose (auf diese Melodie wurde das Waldeck-Lied “ Unter allen Landen deutscher Erde “ geschrieben )
u. a. in Mildheimisches Liederbuch (1815)