Manches Lied wird heutzutage riesig populär
Hat es einer erst gesungen, singt man’s ringsumher
Ist der Text auch albern und die Melodie banal
Das ist denen, die es singen, schließlich ganz egal
So zum Beispiel, wenn man heute durch die Straßen zieht
Hört man überall das wunderschöne Lied
Trink’n wir noch’n Tröppchen,
Trink’n wir noch’n Tröppchen
Aus dem kleinen Henkeltöppchen
Ach, in jedem Städtchen,
Alle Jung’n und Mädchen
Sing’n das Liedchen wie am Drähtchen.
O, Susanna — ruft man in allen Gassen aus,
O, Susanna — hängst mir zum Halse ‚raus.
’s nimmt ein junges Mädchen musikal’schen Unterricht,
Doch ich glaube, weg’n dem Unterricht da tut sie’s nicht.
Denn erst kürzlich war sie mit dem Lehrer ganz allein,
Und der Mondschein schien schon schüchtern in das Fenster ‚rein.
Ängstlich sagte da die Maid: „Ich steck‘ die Lampe an“.
Doch er sprach und zog das Mädchen zu sich ‚ran:
„Gib mir noch ein Küßchen,
Gib mir noch ein Küßchen,
Küss‘ mich noch ein kleines bischen —
Gib mir noch ein Schmätzchen —
Setz‘ dich, liebes Schätzchen —
Auf das weiche Sophaplätzchen.
O, Susanne — du brauchst das Licht nicht auf zu dreh’n,
O, Susanne, im Dunkeln ist es schön.“
Ein Kadett, der kommt auf Urlaub und er freut sich sehr,
Denn bewundert wird er von den Damen ringsumher.
Seine Uniform ist schneidig und voll Eleganz —
Drum am Abend geht er freudig zu Musik und Tanz.
Alle Tänze tanzt er schneidig mit derselben Maid,
Und am Schluß singt er noch voller Heiterkeit:
„Mach’n wir noch’n Tänzchen,
Mach’n wir noch’n Tänzchen,
Komm mein süßes Mauseschwänzchen
Leg‘ dein holdes Köpfchen
Mit den blonden Zöpfchen
An den Rock mit gold’nen Knöpfchen.
O, Susanne, wenn wir nach Hause geh’n, wird’s famos,
O, Susanne — dann geht der Tanz erst los.“
’s hat ein Lehrer vor zehn Jahren sich ein Weib gefreit.
Seine Frau war anfangs voller Lust und Fröhlichkeit.
Doch jetzt macht die Lehrersfrau schon lang ein bös Gesicht.
In der Schule hab’n sie Kinder, doch zu Hause nicht.
Wenn der Mann sein liebes Weibchen nun so traurig sieht,
Geht er hin zu ihr und singt das schöne Lied:
„Wart’n wir noch ’n Jährchen,
Wart’n wir noch ’n Jährchen,
’s kommt vielleicht ein Zwillingspärchen,
Bald, mein holdes Liebchen,
Fliegt der Storch ins Stübchen,
Bringt ein Mädchen und ein Bübchen.
O, Susanne — verliere nur nicht die Geduld,
O, Susanna — du weißt, wir sind nicht Schuld.“
’s schleicht ein Grenadier des Abends zu der Köchin ‚rein.
„Liebst du mich auch ewig?“ fragt ihn da das Mägdelein.
„Selbstverständlich“, sagt er, „wirst du stets von mir geliebt“.
Doch er denkt dabei: Solang‘ es was zu essen gibt.
Freudig stellt sie ihm die allerschönsten Sachen hin
Und sie singt dazu mit liebevollem Sinn:
„Trink‘ doch noch’n Schlückchen,
Iß doch noch’n Stückchen —
Dickchen, hier ist Hasenrückchen —
Schmier‘ dir noch’n Krüstchen,
Haste noch’n Lüstchen
Auf ein frisches Gänsebrüstchen?“
„O, Susanna — komm‘ her mit deiner Gänsebrust,
O, Susanna – wenn du nicht willst, du mußt.“
Lebrecht Bemmchen aus dem Sachsenland war 20 Jahr,
Als er’s erste mal mit seiner Braut zum Balle war.
Beim Nachhausgeh’n sagt er: „Komm‘ mit in die Droschke ‚rein“,
Doch sie sprach: „Die ist geschlossen und das darf nicht sein“.
Schließlich tat sie’s aber doch, sie fuhren ziemlich weit,
Und am Schluß da sang sie voller Seligkeit:
„Fahr’n wir noch’n Stündchen,
Fahr’n wir noch’n Stündchen,
Kriegst ooch noch’n Kuß auf’s Mündchen.“
„Ja, mein liebes Lämmchen,
Bleib‘ bei deinem Bemmchen —
Kutscher, hier sind noch drei Emmchen.
O, Susanna — der Wagen wackelt hin und her,
O, Susanna — da fällt das Küssen schwer.“
Text und Musik: Otto Reutter
Das Lied „Trink mer noch n Tröppchen“ bzw. „O Susanna“ war um 1907 bereits so bekannt, dass Otto Reutter sich darüber lustig machte.