Still, mein armes Söhnchen, sei still
Weine mich nicht um mein bißchen Verstand
Weißt ja noch nichts vom Vaterland
Daß es dein Leben einst haben will
Sollet fürs Vaterland stechen und schießen
Sollst dein Blut in den Acker gießen
Wenn es der Kaiser befiehlt und will. —
Still, mein Söhnchen, sei still
Trink, mein Söhnchen, von meiner Brust
Trink, dann wirst du ein starker Held
Ziehst mit den andern hinaus ins Feld
Vater hat auch hinaus gemußt
Vater ward wider Willen und Hoffen
Von einer Kugel ins Herz getroffen
Aus ist nun seine und meine Lust. —
Trink von der Mutter Brust
Freu dich, goldiges Söhnchen, und lach
Bist du ein Mann einst, kräftig und groß
Wirst du das Lachen von selber los
Fröhlich bleibt nur, wer krank ist und schwach
Vater war lustig. Ich hab ihn verloren
Hab dann dich unter Schmerzen geboren
Hörst drum ewig mein bittres Ach
Freu dich, Söhnchen, und lach
Schlaf, mein süßes Söhnchen, o schlaf
Weißt ja noch nichts von Unheil und Not
Weißt nichts von Vaters Heldentod
Als ihn die bleierne Kugel traf
Früh genug wird der Krieg und der Schrecken
Dich zum ewigen Schlummer erwecken …
Friede, behüt meines Kindes Schlaf
Schlaf, mein Söhnchen, o schlaf…
Text: Erich Mühsam (1915)
Musik: Noch nicht mit Autorisation komponiert