So viel Stern am Himmel stehen
an dem güldnen blauen Zelt;
so viel Schäflein, als da gehen
in dem grünen, grünen Feld;
so viel Vöglein, als da fliegen
als da hin und wieder fliegen:
so viel mal sei du gegrüsst!
Soll ich dich denn nimmer sehen
nun ich ewig ferne muss?
Ach, das kann ich nicht verstehen
o du bittrer Scheidensschluss!
Wär ich lieber schon gestorben
eh‘ ich mir ein Lieb erworben,
wär‘ ich jetz nicht so betrübt
Weiss nicht, ob auf dieser Erden
die des herben Jammers voll,
nach viel Trübsal und Beschwerden
ich dich wiedersehen soll;
was für Wellen, was für Flammen
schlagen über mir zusammen,
ach, wie gross ist meine Not!
Mit Geduld will ich es tragen
denk‘ ich immer nur zu dir;
alle Morgen will ich sagen:
O mein Lieb, wann kömmst zu mir?
Alle Abend will ich sprechen
wenn mir meine Äuglein brechen:
O mein Lieb, gedenk an mich!
Ja, ich will dich nicht vergessen
enden nie die Liebe mein,
wenn ich sollte unterdessen
auf dem Todbett schlafen ein
auf dem Kirchhof will ich liegen
wie das Kindlein in der Wiegen,
das die Lieb tut wiegen ein
Text und Musik: Verfasser unbekannt
in dieser Form zuerst in „Teutsches Liederbuch für Hochschulen (Stuttgart 1823)“
in Deutscher Liederhort (1856, Nr. 59 „Treue Liebe“) und Liederhort II (1893, Nr. 564 „Gruß“)
Parodien, Versionen und Variationen:
CDs und Bücher mit So viel Stern am Himmel stehen:
Anmerkungen zu "So viel Stern am Himmel stehen"
Ein in dieser Form in ganz Deutschland gekanntes Lied, das nur zum Theil wirkliches Volklied ist. Der Text steht zuerst im Wunderhorn II, S. 199 in zehn dreizeiligen Strophen. Daher Abdr. bei Simrock Nr. 124. Scherer, Jungbrunnen 76. Die jeweils zweite Zeile der oben stehenden Strophen sind Zusätze, die der Melodie halber erfolgten und zuerst im Teutschen Liederb. f. Hochschulen. (Stuttg. 1823, S. 435.) stehen. Dieses Lied diente 1837 als Vorlage für „Weißt du wieviel Sternlein stehen?“
In leichter Abwandlung der ersten Zeilen dieses Liedes schrieb der Prediger Wilhelm Hey dieses erotische Volkslied („Was für Wellen, was für Flammen / schlagen über mir zusammen“) in das heute noch viel gesungene Weißt du wieviel Sternlein stehen um, in dem er den weltlichen Liebesschmerz in ein religiöses Lied umwandelte. Auf die wunderschöne Melodie entstand aber auch das Abschiedslied eines Soldaten zu Beginn der Befreiungskriege gegen Frankreich: O du Deutschland ich muß marschieren
Mit diesen Einschiebseln („an dem güldnen blauen Zelt….“ etc.) ging das Lied in alle neuem Sammlungen über: Silcher 1, Nr. 1 (1825) — Kretzschmer I, Nr. 76 — Rhein. Märlein 92. — Erk, Liederhort Nr. 59, sogar in die neue Ausgabe des Wunderhorns II, S. 198, (1845.) Die alte Form steht noch im Liederbuch für deutsche Künstler (1838), S. 139 und in „Lenore“ von Holtey 1828 (So viel Blumen als da stehen). Die Melodie ist nicht gleichaltrig mit seinem Texte, sondern war eine seit 1809 — 1814 viel gesungene Soldatenmelodie: „O du Deutschland, ich muß marschieren.“ Sie wurde 1823 dem Liebesliede angepasst und zu dem Zwecke die Text-Einschiebsel angebracht. (Böhme)
Nach der Kritik Vilmars (Handbüchlein 182) ist in unserem Liede nur 1. 2. und erste Hälfte der 4. Strophe Volksgut, alles übrige ist Kunstdichtung durch die Herausgeber des Wunderhorns. Die 3. Strophe in zweiter Hälfte enthalt sogar eine Reminiszenz eines Gedichtes von Canitz (gestorben 1699) auf den Tod seiner ersten Frau.
Abweichungen im Text
Textvariationen:
- 1,2: An dem blauen Himmelszelt —
- 1, 4 grünen, weiten Feld
- 2,1 nun ich in die Ferne muß
- 2,6: ein Lieb erwerben —
- 2,7 : wär ich jetzt nicht so betrübt —
- 4,2: daß ich fern muß sein von dir —
- 5,7 : das ein Lied tut wiegen ein —