So seh ich Schwalben euch noch einmal wieder

Die SchwaIben

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So seh ich, Schwalben, euch noch einmal wieder
Feldflüchtge, wenn der rauhe Winter naht
So seufzte von der Ketten Last darnieder
Gebeugt am Strand des Mauren ein Soldat
Ihr, denen Hoffnung lächelnd nachgezogen
Bis hierher wo zum Pfeile wird das Licht
Gewiß aus Frankreich seid ihr hergeflogen
Sprecht ihr von meinem Vaterland mir nicht

Von dem verborgnen Tal wo ich geboren
Wo unbekannt zu sterben ich gehofft
Hab ich euch um ein frisches Blatt beschworen
Schon seit drei Jahren bat ich ach so oft
Dort wo der Schmerlenbach sich schlängelnd bieget
Beim Erlenbusch, dort ist’s, am Wasser dicht
Wo heimlich unsre Schaubenhütte lieget
Sprecht ihr von meinem stillen Tal mir nicht

Ist eine nicht von euch zur Welt gekommen
am Dach worunter ich als Säugling schlief
Dann hat mitleidig sie wohl oft vernommen
Wie mich die arme Mutter sehnend rief
Sie liegt im Sterben hört nicht auf zu wähnen
Sie höre meinen Tritt sie lauscht sie bricht
Getäuscht in Tränen aus, in bittre Tränen
Ihr redet mir von Mutterliebe nicht

Sagt mir ist die Schwester schon vermählet
Vernahmt ihr unsrer jungen Bursche Lied
Der Gäste Jubelruf Wen sie gewählet
Ich ahnt es schon da ich von Hause schied
und alle die Genossen meiner Siege
Sind sie gekehrt o stattet mir Bericht
Sind alle heimgekehret aus dem Kriege
Von so viel Freunden redet ihr mir nicht

Kann sein, schon drängt sich über ihre Leichen
Der Fremdling in mein Tal, jetzt wird vielleicht
Mein Herd entweiht von fremder Söldner Zeichen
und meiner Schwester Liebesglück erbleicht
auch keine Mutter betet meinethalben
Wohin ich blicke Ketten, nirgends Licht
Ihr meines teuern Vaterlandes Schwalben
Von seinem Elend redet ihr mir nicht

Text: Franz Freiherr Gaudy – nach dem französischen Original von Béranger
in: Béranger’s Lieder – Auswahl in freier Bearbeitung von Adelbert von Chamisso und Franz Freiherrn Gaudy (1839)

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