Seit Vater Noah in Becher goß
der Traube trinkbares Blut
trinkt jeder ehrliche Tischgenoß
doch keiner weiß was er tut
Man trinkt, als ob man existiert
als ob´s sich von selbst so verstünde
was Trinken und Dasein heißt:
des Trinkens Geist
hat niemand noch deduziert
Die Dichter sangen zwar weit und breit
„Ich klinge, du klingest, er klingt!“
und ahneten etwas von Göttlichkeit
im „Trinkt, ihr Brüderchen trinkt!“
Sie gaben dem Denker den Wink
doch keiner braucht ihn, um´s Eine
was Not ist zu finden drin
den hohen Sinn
im „Trinkt, ihr Brüderchen trinkt!“
Ich hab ihn errungen, den hohen Geist
gefaßt den göttlichen Sinn
Ich weiß, ihr Trinker, was trinken heißt
und alles was Not ist darin
merkt auf und trinket hernach
damit nach Prinzipien ordentlich heut´
in dem Trinken sei
Philosophei
Hört meine Lehre gemach!
Ich setze mich hier an den Tisch voll Wein
ihr andern setzt euch herum
gesetzt muß jeder Selbstrinker sein
sonst purzelt am End er doch um
So sind wir denn alle gesetzt
Nun setz ich mir richtig Gesetztem entgegen
das volle Glas, Tut ihr auch das!
Jetzt kommt das Beste zuletzt
Wir setzen nun richtig Gesetztem entgegen
das volle Glas – getan ist das!
Das bloße Setzen ist Theorie
man dürstet immer dabei
doe Praxis ist eben die wahre Sophie
in unserer Philosophei
Und nun, wie machen wir das?
Ich schlürf aus dem Glase
den drin mir entgegengesetzten Wein
in mich hinein
ein jeder leere sein Glas!
Wir setzen nun richtig Gesetztem entgegen
das volle Glas – getan ist das!
Ihr merkt,. ihr Freunde, beim ersten Trunk
die Lehre führe zu was
ich philosophiere nicht bloß zum Prunk
doziere nicht nur zum Spaß
Zwar trunken sind wir noch nicht
doch füllt uns allmählich das Füllen
und Leeren zum höchsten Zweck
wenn jeder keck
erfüllt die zechende Pflicht
Drum mache ein jeder so oft als ich
den Wein im Glase kapot!
Am Ende findet er sich wie mich
den wahren sophischen Gott
denn ist verschlungen der Wein
dann gleichsam ein Ich, der das Nicht-Ich verschlang
sitzt man trunken da!
drum Halleluja!
Drum Heissa Juchheissa! Schenkt ein!
Ja gleichsam ein Ich, der das Nicht-Ich verschlang
sitzt man trunken da!
Halleluja!
Das wahre Nicht-Ich ist Wein!
Text: Jens Baggesen – 1796