Wöll wir aber singen
Von einem Edelmann
Der wollt die von Nürnberg zwingen
Wie ihm die Kunst zerrann!
Der Schüttensam was er genannt
Er hat die von Nürnberg oft griffen an
Geraubt und auch gebrannt
Zwar es war sein Ungewinn
Er kriegt sie Wider Recht
Was hatten die von Nürnberg im Sinn?
Sie gedachten: es wird wohl schlecht
Sechshundert Gulden boten sie feil
Wer ihn‘ den Schüttensamen brächt
Dass er ihn‘ werd zu Teil
Der Schüttensamen het ein Knecht
Dem was der Gulden noch
Er dienet Seinem Herrn nit recht
Er gab ihn in den Tod
Darvon ward ihm Sein Seckel schwer
Sein Herz ward aller Untreu voll
Und aller Frummkeit leer
Er nahm ihm für ein fremden Sinn
Wie er den Dingen tät
Er ging zu seinem Herren hin
Hätt‘ mit ihm viel heimlicher Räch:
Herr, ich weiß ein reichen Baurn
Wöllt ihr mir darzu helfen
Wir wollen ihn wohl erlauern.
Der Schüttensam Hinwider sprach:
Wo sitzt der Bauer im Land?
Er sitzt nit fern vom Nürnberger Wald“ —
Redt sich der Knecht zu Hand
All sein Gelegenheit weiß ich wohl
Sechshundert Gulden muß er uns geben
Wenn ich ihn bringen soll
Der Schüttensam Hinwider sprach:
Nun sind doch euer wohl drei
Bringt ihr den Bauren in mein G’walt
Euer Theil ist auch darbei
Ich reit nicht gern so ferr Hindan,
Wöllt ihr zu Füßen wagen
Mein Laub habt ihr daran.‘
Der untreu Knecht der kunnt sich regen
Mit seiner Schalkheit groß
Herr, so reitet uns entgegen
Und gebt uns auch ein Loos
Nur ein halbe Meil Hindan
Der Schüttensamen Hinwider sprach:
Das will ich geren tun
Der ein Knecht nahm sich der Red an
Ich weiß ein rechten Rat
Wir lassen ein Fräulein mit uns gahn
Das bringt uns Wein und Brot
Ob uns der Baur nit würd alsbald.
Ob wir ein Nacht Verzügen
Und blieben im Nürnberger Wald
Sie nahmen ihr Spieß und auch ihr Wehr
Und zogen über Feld
Der Schüttensamen gab ihn‘ Weis und Lehr
Er meint, es trüg ihm Geld
Er wünschet ihnen allen Glück und Heil
Er sprach: Sie sollten es frischlich wagen
Auf einen gleichen Teil.
Sie ließen das Fräulein mit ihn gehn
Bis daß sie Nürnberg ansahen
Sie setzten sich nieder und ruheten
Die Glocken hörten sie schlahen
Da war es in der neunten Stund
Der untreu Knecht zum Fräulein sprach
Aus seinem falschen Mund
Geh hin und bring uns Wein und Brot
Dass wir uns des Hungers erwehrn!
Würden uns des Bauren Gulden rot
Wir wollten lang davon zehren
Ich hoff der Bauer werd uns schier —
Ist der Frankenwein zu saur
So bring uns Malvasier
Das Fräulein Hub sich aus dem Wald
über Stock und über Stauden
Das Tor zu Nürnberg fand sie bald
Mit Laufen und mit Schnaufen
Auf das Rathaus was ihr gach
Da sie den Bürgermeister fand
Die Stadtknecht gingen ihm nach
Sie sagt ihm alle Gelegenheit,
Sie führt ihn auf ein Ort
Der Bürgermeister was ein weiser Mann,
Er merket auf ihre Wort
Doch ließ er sich nicht gar daran
Denn Frauenwort und ihre List
Betrügen manchen Mann
Doch schuf er bald, daß es geschah
Eh denn in einer halben Stund
Daß man manchen Reiter sah
Was froh von Herzengrund
Ihren Harnisch hatten sie angeleit
Und was zu der Herren Dienst gehört
Das ist gar bald bereit
Sie ritten für den grünen Wald hinaus
Die unverzagten Mann
Sie funden drei Gesellen in der Lausch,
Sie griffen sie tapfer an
Die zween führt man gen Nürnberg ein
Unter das Rathaus in die Erden
Da mußt ihr Herberg inn sein.
Dem dritten gab man bald ein Pferd
Und manchen Reiter gut
Die hat man heur als wohl als fert
Darzu ein Hinterhut
Ihr Harnisch was lauter und erklang
Sie ritten durch manchen grünen Wald
Da mancher Vogel inn sang.
Sie ritten bis an den dritten Tag
Eh daß sie kamen dar
Sie hielten beinander in einem Hag
Niemand ward ihrer gewahr
Bis daß sie sahen dasselbig Schloß
Sie ließen sich doch nicht gar daran
Sie spannten auf ihre Geschoß.
Der Knecht sich aus dem Sattel schwang
Er ging des Wegs ein Teil
Es ging ihm wohl darnach trang
Er entbot seinem Herren heim
Er sollt zu ihn reiten in den Wald,
Sie hätten ein Wildpret gefangen
Der Müh wurd ihm gar bald bezahlt.
Der Schüttensamen ihm nit anders gedacht
Da er die Red vernahm
Die Knecht hätten ihm den Bauer bracht
Er wollt ihn machen zahm
Er reit ihnen entgegen in den Wald
Da fingen ihn die Nürnberger Reiter gut
Die hielten auf ihn in dem Halt.
Da führten sie ihn gen Nürnberg ein
Da schauet ihn mancher Mann
Ich weiß nicht, wes sich die Herren besunnen
Sah einer den andern an
Da ward er nicht schön empfangen
Von eim Bürger, der hieß Löffelholz
Wohl einher des Teufels Namen
Man führt ihn zu der Herberg sein
Da mancher gefangen inn liegt
Darin da steht ein Kapellelein
Da man die Räuber inn wiegt
Darin da dehnt man seine Haut
Was er den von Nürnberg hätt getan
Das sagt er überlaut
Darnach führt man ihn für Gericht
Und seiner Knechte wohl zween
Es war ein böse Zuversicht
Sie hörten die Urteil jehen
Der Herr wird verurteilt zu dem Feur
Die Knecht die soll man köpfen
Das Lachen war ihnen teur
Also ward ihn‘ ihr Leben abgesagt.
Es mocht nit anders gesein
Die Knecht dem Herrn schon nachtraten
Bis zu dem Rabenstein
Über ein Schwert vergossen sie ihr Blut
Des auch der Schüttensam begehrt
Es mocht ihm nicht werden so gut
Er ward in einem Feuer verbrennt
Das weiß noch mancher Mann
Darin da nahm sein Leben ein End
Gott seh‘ sein Marter an
Und geb der Seel ein ewige Ruh
Darum ist das mein treuer Rat
Dass Niemand sollt Unrecht tun
Der uns das Liedlein neus sang
Von neuen gesungen hat
Er hats geschenkt eim weißen Rat
Zu Nürnberg in der Stadt
Hans Kugler ist er genannt
Er war ihr steter Diener
Und dienet ihn‘ allzuhand
Text und Musik: Verfasser unbekannt
in Deutscher Liederhort II (1893, Nr. 242 „Der Schüttensam“
Der hier besungene Weglagerer (Schüttensam) wurde 1474 in Nürnberg verbrannt. (Historisches darüber s. Hormahr, Taschenb. f. vaterl. Geschichte 1833, S. 133 und R. von Liliencron, hist. VL. Nr. 127) Schüttensam bedeutet soviel als „Schütt‘ den soum! rüttle, wirf ab die Saumlast!“ war also nicht Eigenname, sondern Bezeichnung für einen Wegelagerer, der die beladenen Saumrosse plündert (Schmeller III. 246; Grimm, Grammatik I, 946).