Regst du o Lenz die jungen Glieder
erwacht aus starrer Dunkelheit
und kehrt in neuem Glanze wieder
in aller deiner Lieblichkeit?
Kommst du vertraulich uns zu grüßen
Der Welt ihr Leben zu versüßen
Und auszulöschen Gram und Leid
Ja dich den Liebling zu empfahen
Lauscht bange Sehnsucht allerwärts
Es überströmt bei deinem Nahen
Von Dank und Liebe jedes Herz
Der Seele rascheres Bewegen
Verkündet dich mit deinem Segen
Mit deinem Ernst und deinem Scherz
Mit Grün sind mild bedeckt die Auen
Und Schlucht und Hügel sind es auch
In Blütenschnee gehüllt zu schauen
Ist Baum an Baum und Strauch an Strauch
Die Blume träumt von Wonnetagen
Und schalkhaft muntre Lüfte tragen
Von dannen ihren Balsamhauch
Und wo sich hin das Ohr mag neigen
Den Forst empor die Flur entlang
Da jauchzt und lockt es von den Zweigen
Da girrt´s hervor vom FelsenKlang
Die Bäche die dem Berg entfliehen
Sie werden laut in Melodien
Und selbst die Luft ist voll Gesang
So mußte sich die Erde schmücken
So klang´s auf Höhen und im Tal
Als des geweihten Sängers Blicken
Der Tag geglänzt zum letzten Mal
Man hörte um sein Grab erschallen
Den Klageruf der Nachtigallen
Und bleich entschwand der Sonne Strahl
Doch wenden wir den Blick vom Trabe
Hinauf wohin sein Geist sich hob
Der gleich dem Lenz so manche Gabe
Des Schönen unsrem Geist verwob
Wir wollen keinen Schmerz erneuen
Wir wollen uns des Frühlings freuen
Die Freude ist sein höchstes Lob
Text: F. R. Ritter , zu Schillers 100stem Todestag, 9. Mai 1805
Musik: P. J. von Lindpaintner ()
in — Albvereins-Liederbuch (ca. 1900) —