Es geht ein frischer Sommer daher
da werdt ihr hören neue Mär
der Schimpf der wird sich machen
Wird über Mönch und Pfaffen gehn
sie weinen oder lachen
Martinus ist ein kühner Mann
Ein groß Spiel hat er gefangen an
Er darf nicht Würfel noch Karten
Denn wer mit ihm studieren will
Der heilig Schrift tut er warten
Der Luther hats nit wohl besonnen
Wer woll zu großen Ehren kommen
Hätt er den Papst tun schweigen
Ein Kardinal denn wär er geword’n
Tät ihn zum Bischof weihen
Das hat Martin nit wollen ton,
Darum tut ihn der Papst in Bann,
Sein Leib und Seel verdammen
Do fragt Martinus nit viel nach
Ihn brennt die christlich Flammen
Der Papst will sein der heiligst Mann
Ja wer das redt, der lügt ihn an
Sein Tun ist nichts denn Lügen
Er schickt Genad in alle Land
Die Armen zu betrügen
Der Papst schreibt sich ein irdischen Gott
Damit treibt er aus Gott den Spott
Er hat ein Menschenleben
Wenn er von uns empfacht das Geld
Viel Sünd tut er vergeben
Der Papst der führt ein harten Orden
Er ist zu Rom ein Kaufmann worden
Im Land tut er umlaufen
Gotts Gnad gibt er uns Geld
Wer die von ihm will kaufen
Um einen Pfennig oder zween
Fünftausend Jahr hundert Carén,
Die Gnadbrief tun sie schreiben
Es möcht ein gute Meinung sein
Gings zu mit schönen Weiben
Die Klosterbrüder sein auch ein Spiel
Und die ich jetzund nennen will
Sie laufen auf dem Lande
Und gab man ihn’n des Kaisers Gut
Sie nähmens ohn alle Schande
Dabei so habens guten Mut
Ja mit der Armen Schweiß und Blut
Es möcht wohl Gott erbarmen
Dass sie da leben in dem Saus
Woll’n sie doch sein die Armen.
Ihr Kasten, Keller stecken voll
Sie trinken dass sie werden toll
Sollten’s eim Armen geben
Ja nur ein Gab eins Pfennings Gut
Es müßt eh gelten sein Leben
All Zins und Güld hant’s an sich bracht
Das sie’s schier alls besitzen macht
Hanut doch die Armut geschworen
Noch gebn ihr etlich mehr darzu
Wie sind so groß Toren!
Ach, wie sind unser Sinn verkehrt!
Hat uns solch Armut Christus g’lehrt?
Oder hat es ton Sant Peter?
Geb’n wir den armen Handwerksleut’n
Den‘ tat es gar viel nöter
Wenn Luthers Lehr so unrecht war
Sie war nit kommen je bisher
Zu Wormes wär’s verdammet.
Do so viel saßen der roten Barret
Und der Schauben von Sammet.
Der Kaiser in seiner Majestät
Darzu den deutschen Fürsten Rat
Falsch Geistlich und auch Laien:
Do stund der Luther hochgelehrt
Wollt Keiner an den Reihen,
Der mit Luther hät dürfen disputiern
Sagt wohl fünft von blauen Zwirn
Wollten den Fuchs nit beißen
So er mit Ehr ist von ihn’n kommen
Wölln sie erst sein die Weisen.
Herzog Friedrich ist ein frommer Fürst
Der nach göttlicher Wahrheit dürst
Der ist frei beigestanden:
Deß bedank sich deutsche Nation
Gen sächsischen Landen.
O Gott in deinem höchsten Thron
Wöllst den großen Irrtum unterstan
Deins Volks, von dir erkoren
Teil uns mit dein Barmherzigkeit
Deiner einig geliebten Scharen!
So’s nit mag gschehen ohn dein Wort
So ist es je ein kläglich Wort
Dass wir auf uns selbst bauen
Wie könnten wir immer g’wisser sein
Denn wenn wir dir vertrauen
So du ein Gott bist ohn Betrug
Die Menschen nichts denn eitel Lug
Was tun wir uns vermessen
Dass wir so bauen auf den Sand?
Hant deines Worts vergessen.
O Gott, wir begehren von dir Huld
Wie wohl’s ist unsern Oebern Schuld
Dass wir so sind verblendet:
So wir kein christlich Lieb mehr hant
Sind wir billig geschändet
Verleih uns Gnad, ewiger Gott,
Erzeig uns Hilf in dieser Not
Des Leibs und auch der Seelen!
Erleucht uns mit dem Worte dein
Dass wir des Wegs nit fehlen!
Text: Konrad Kern
in Deutscher Liederhort II (1893, Nr. 269 „Reformationslied“, mit unten stehenen Anmerkungen)
Dieses Lied ist ohne Zweifel nach dem Reichstage in Worms, zwischen 1521—24 gedichtet worden. Vom Verfasser Konrad Kern ist sonst weiter nichts bekannt; aus der Sprache des Liedes erkennen wir einen Süddeutschen, der sich zu Luthers Lehre bekannte und Sachsens Fürsten Friedrich (den Weisen) rühmt. Ob er mit Georg Kern, dem in Darmstadt lebenden Gesangmeister des Landgrafen Philipp verwandt war, der ebenfalls Lieder umdichtete und herausgab, muss dahingestellt bleiben.