Plauderinnen, regt euch stracks!
Brecht den Flachs,
Daß die Schebe springe,
Und der Brechen Wechselklang
Mit Gesang
Fern das Dorf durchdringe!
Herbstlich rauscht im Fliederstrauch
Kalter Hauch,
Und der Nachtblau leuchtet!
Dennoch brecht mit bloßem Arm,
Brecht Euch warm,
Weil der Mond uns leuchtet!
Brich, Du armer Flachs! Dir droht
Müh’und Not,
Mehr denn je Du träumtest,
Als Du grün im Sonnenschein,
Junger Lein,
Blaue Blumen keimtest!
Ach, die harte Rause hat
Gleich zur Saat
Dir die Boll‘ entrissen
Wochenlang dann auf der Au
Sonn‘ und Tau
röstend Dich zerbissen!
Nun zerquetschen wir in Hast
Dir den Bast
Den die Schwinge reinigt;
Von der bösen Hechel ißt,
Schargespitzt,
Wirst Du durchgepeinigt!
Doch dann prangst Du glatt und schön
Und wir drehn
Dich in saubre Knocken
Und gedrillt mit flinkem Fuß
Feucht vom Kuß
Läufst Du uns vom Rocken!
Schnell durch Spul‘ und Haspel eilt
Schön geknäult
Drauf Dein Garn zur Webe
Daß die Leinwand, scharf gebeucht
Und gebleicht
Hemd‘ und Laken gebe.
Brich, o brich, Du armer Flachs!
Weiß wie Wachs,
Prangst Du angeschmieget,
Wann beim Bräutigam die Braut,
Warm und traut,
Einst im Bette lieget!
Text: Johann Heinrich Voß – um 1800