Papiers Natur ist Rauschen
Und rauschen will es viel
man kanns nit wohl vertuschen
Dann es stets rauschen will
Es rauscht an allen Orten
weil sein ein Stücklein ist
desgleichen die Gelehrten
Rauschen ohn argen List
Aus Lumpen tut man machen
Des edlen Schreibers Zeug
Es möcht wohl jemand lachen
Fürwahr es ist nit leug
Alt Lumpen rein gewaschen
Dazu man brauchen tut
Hebt manchen aus der Aschen
Der sonst leidt große Not
Ein Feder hintern Ohren
Zum Schreiben zugespitzt
Tut manchem heimlich zoren
Da vorn der Schreiber sitzt
für andern Knaben allen
ob man ihn Schreiber heißt
so tuts den Fräulein g’fallen
und liebt ihn allermeist
Die Dinten in der Flaschen
Den edlen Schreibern Wert
Oft füllt ihn ihre Taschen
Kein edler Kunst aus Erd
Dann wann man so tut schmieren
Papier mit Dinten schon
Daran tuns nichts verlieren
Und gibt ihn guten Lohn.
Die Schreiber muß man haben
Samt ihrem Zeug und Gunst
Nach ihnen tut man traben
Der Schreiber ist die Kunst
Vorm Schreiber muß sich biegen
Oft mancher stolze Held
Und in ein Winkel schmiegen
Wiewohl es ihm mißfällt.
Das Schreiben ist alleine
Der allerhöchste Schatz
Ob mans gleich tut verkleinen
Doch bhälts allein den Platz
Den Glauben tuts erhalten,
Macht guten Fried im Land,
Das sich sunst tät zwiespalten
All andern Künst sind Tand.
Ein Schreiber will ich bleiben
Ein Schreiber will ich sein
und tun hiemit verschreiben
Der Allerliebsten mein
Damit will ichs beschließen
Der selben lobesan
Obs Jemand wird verdrießen
Dem Schreiber leit nichts dran
Text und Musik: Verfasser unbekannt ( aus dem 16. Jahrhundert )
in Deutscher Liederhort III (1894, Nr. 1685 „Würde der Schreiber“)
Melodie ist dieselbe, wie: „Herzlich tut mich erfreuen„.
Geistliche Umdichtung von H. Knaust 1571, S. 46.
E. Rotenbucher’s Bergkreyen, Nürnberg 1551, Nr. 21, Fliegendes Blatt von Val. Newber. Ambraser Liederbuch Nr. 24. Uhland Nr. 263. Wunderhorn II. 7. – Das ist ein Ehrenlied auf die Würde der Schreiber, d. h. der öffentlichen Gerichtsschreiber, Richter und Gelehrten.
bei Mittler — Des Knaben Wunderhorn (1808) — Steinitz II, 1962 (nur 3.) —