O Straßburg o Straßburg

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O Straßburg o Straßburg

Straßburg, ach Straßburg
Du wunderschöne Stadt!
Darinnen liegt begraben
Ein mancher Soldat.

Ein mancher, ein braver
Ein schöner Soldat,
Der Vater und Mutter
Verlassen hat.

Er hat sie verlassen
Es kann nit anders sein
Zu Straßburg da müssen
Soldaten immer sein.

Die Mutter die ginge
Zum Hauptmann in sein Haus:
„Ach Hauptmann, lieber Hauptmann
Gebt mir meinen Sohn heraus!“

„Und wenn du auch gäbest
Und gäbest so viel Geld
So muß dein Sohn jetzt sterben
Wohl in dem weiten Feld

Wohl in dem weiten Felde
Wohl draußen vor dem Feind
Wenn ein schwarzbraunes Mägdlein
Gar traurig um ihn weint.

Sie weinet, sie trauret
Sie trauret allzusehr
„Behüt dich Gott, herzliebstcr Schatz
Ich seh dich nimmermehr!“

Text und Musik: Verfasser unbekannt
in: Deutscher Liederhort (1856, Nr. 13) und Deutscher Liederhort III (1893, Nr. 1392, „Der unerbittliche Hauptmann“)

Die älteste schriftliche Quelle des Liedtextes steht – mit geringen Abweichungen –  im Sesenheimer Liederbuch 1771. (Goethe, Sessenheim im Elsaß).  Der obige Text ohne Melodie in von Arnim – Handschriftlicher Nachlaß – aus Württemberg, 1808. Die Melodien I und II in Deutscher Liederhort (1856).
Das Lied steht, obwohl von Arnim es in seiner Sammlung hat,  nicht in Des Knaben Wunderhorn!

CDs und Bücher mit O Straßburg o Straßburg:

Anmerkungen zu "O Straßburg o Straßburg"

Böhme schreibt 1893 im Liederhort III: „Allbekanntes deutsches Lieblingslied, das uns umso mehr anheimelt, als das schöne Straßburg wieder deutsch ist. — Über sein Alter gibt der Text keinen historischen Anhalt; der darin erzählte Vorgang von einem gefangenen Deserteur, den der Hauptmann nicht los gibt, passt auf alle Zeiten und ist nicht auf eine Fremdenlegion zu deuten, wie fälschlich geschehen ist. Jedenfalls ist‘ s ein neueres Soldatenlied, das zu Ende des 18. Jahrhunderts, vermutlich in Schwaben, entstand (vor 1771).

Für das erste Vorkommen der Melodie ist das Jahr 1828 (Holtei’s Lenore) anzusetzen. — Ältere Leute (darunter Hoffmann von Fallersleben) erinnerten sich des Liedes aus ihrer Jugendzeit 1810— 1820. Zuccalmaglio will es 1828 aus Volksmund in Heidelberg aufgeschrieben haben. In älteren Sammlungen, wie Büsching’s Liedersammlung 1807 und Wunderhorn 1806 — 1808 steht das Lied noch nicht; aber im handschriftlichen Nachlasse v. Arnim’s fand sich’s in guter Aufzeichnung (aus dem Württemberg’schen 1808).

im „Sesenheimer Liederbuch“ (1771) ist der Text etwas anders als oben:

1.1: O Strassburg, o Strassburg
1.4: ein mannicher Soldat („mannich“ = „schwäbischer Ausdruck“)
2.1. Ein mancher und schöner, auch tapferer Soldat
2.4.: böslich verlassen hat.
3.1: Verlassen, verlassen es kann nicht anders sein
zu Strassburg, ja zu Strassburg Soldaten müssen sein
4.1. Die Mutter, die Mutter die ging vor’s Hauptmanns Haus
4.4:  den Sohn
5.1. Und wenn ihr mir gebet auch noch so vieles Geld, muss doch dein Sohn jetzt sterben, in weiter, breiter Welt
6.1. In weiter, in breiter allvorwärts vor dem Feind, wenngleich sein schwarzbraun Mädchen, so bitter um ihn weint.“
7.1. Sie weinet, sie greinet sie klaget gar zu sehr: „Gut‘ Nacht, mein herzig Schätzchen…

Die älteste Aufzeichnung ist bis jetzt die im Sesenheimer Liederbuche um 1771. (Ausg. als Anhang zu Gocthe’s Friederike, von Freimund Pfeiffer, Lxz. 1841, S. 133.) Genau so nach einem fl. Bl. im „Liederbuch des deutschen Volkss“ Nr. 21«. Lpzg. 1843. —

Die zwei ersten hier wiedergegebenen Melodien stehen bei Erk: Deutscher Liederhort, 1856, Nr. 13: vielfach mündlich. — Die zweite bis vierte hier wiedergegebenen Melodien stammen aus „Deutsche Volkslieder mit ihren Original-Singweisen“.

Das Lied ist in zahlreichen Variationen mündlich überliefert . In manchen Liedfassungen bittet nicht nur die Mutter sondern beide Eltern gehen zum Hauptmann – andere Version mit anderen Ortsnamen, so „O Schleswig O Schleswig“  aus den Kriegen gegen Dänemark im 19. Jahrhundert.

Dazu Anmerkungen von Ludwig Erk zu Variationen:

3.1:  Er hat sie verlassen —
4.1 u 2.:   Die Mutter die Mutter ging vor des Hauptmanns Haus —
4.4: gebt uns den Sohn heraus —
5,3 u 4: euer Sohn der muß marschieren ins weit und breite Feld —
6,1 u 2.: Ins weite ins breite allvorwärts vor den Feind —
7,1: Sie weinet sie trauret —
7, 3 u 4: Gut Nacht mein allerliebst Schatzchen ich seh dich nimmermehr —

Böhme erwähnt noch eine arg verwilderte Lesart aus Ostpreußen: Preußische Provinzialblätter 21, Bd, S. 466, daher Frischbier, ostpreußische Volkslieder, 1893. Nr. 84, beginnend mit:

Frankreich ist ein großer Wunderstaat,
Darin liegt begraben so mancher Soldat
so mancher braver, so schöner Soldat
der Vater und Mutter verlassen hat

Melodie bei Erk, bei Silcher: Süddeutschland, Schlesien, Westfalen:

Zweite Melodie zu O Straßburg o Straßburg
Melodie bei Erk, bei Silcher: Süddeutschland, Schlesien, Westfalen

Die älteste Notation der Melodie steht in Holtei's Lenore, 1828:

Dritte Melodie zu O Straßburg o Straßburg
Die älteste Notation der Melodie steht in Holtei's Lenore, 1828

aus Norddeutschland:

Vierte Melodie zu O Straßburg o Straßburg
aus Norddeutschland

"O Straßburg o Straßburg" in diesen Liederbüchern

u.a. in: Deutsche Volkslieder mit ihren Original-Singweisen (1840) — Die deutschen Volkslieder mit ihren Singweisen (1843, Erk/Irmer „Die Fremdenlegion“) —  Deutscher Liederhort (1856) — Liederbuch des Handwerker-Vereins zu Potsdam (1859) — Deutsches Armee Liederbuch (ohne letzte Strophe)- Schwäbisches Soldaten-LiederbuchNeues Liederbuch für Artilleristen (1893, ohne letzte Strophe) — Albvereins-Liederbuch (ca. 1900, ohne letzte) — Deutscher Sang (1903) — Zupfgeigenhansl (1908) — Vorbereitungen auf die Gesangstunde (1911) — Gesellenfreud (1913)

Alte und neue Lieder (1914, 4. Heft) — Deutsche Soldatenlieder (1914) — Kriegsliederbuch für das Deutsche Heer (1914) — Was die deutschen Kinder singen (1914) —

Lieder für höhere Mädchenschulen (1919) — Liederbuch des jungdeutschen Ordens (ca. 1921) — Schleswig-Holsteinisches Liederbuch (1924) — Volker (1925) —  Weltkriegs-Liedersammlung (1926) — Verklingende Weisen ( Volkslieder aus Lothringen , Band III , 1933 – Text gekürzt und leicht anders) — Schlesier-Liederbuch (1936)

Aus mündlicher Überlieferung steht das Lied auch gedruckt bei: Erlach 4, 185 — Kretzschmer I, Nr. 2 und 3. —  Fink 553. — Silcher 6, 10. Hoffmann, Schlesische Volkslieder, Nr. 231 — Ditfurth. II. Nr. 244. Wdh. 4, 83 (Erk). Meier 201 –  Pröhle S. 204. — Mittler 141. — Weimarer Jahrbuch III. 241 M. , Volkslieder aus Thüringen Nr. 10 —  Erk II. 3, 45. — Möllenhoff 608. — A. Peter I. 308. — Scherer. Jungbrunnen S. 278. — Simrock S. 477. — Böckel S. 68. — Hruschka und Toischer S. 234. — K. Becker Nr. 6–  Sonst ist es in fast allen Liederbüchern und Schulliederheften gedruckt. (Angabe von 1893)

Fl. Bl. Hamburg (um 1815—1820) „Sechs schöne neue Lieder“ <das 2.). — Liederbuch des Hanseatischen Vereins in Hamburg 1818 (Vorwort 1816). In Beiden ist der Text gleichlautend, hat aber nur 6 Strophen letzte fehlt), und in St. 4 heißts „Die Mutter und Schwester“ etc.