O Maientag Fest sonder gleichen
das Millionen heut´ begehn
Seht, wie der Arbeit heil´ge Zeichen
in allen Landen purpurn wehn
Sie sollen rings die Völer mahnen
die Arbeit will Gerechtigkeit
Ihr müßt den Weg zum Sieg ihr bahnen
im Geiste einer neuen Zeit
Wie stolz man die Kultur bewundert
die immerwährend emsig schafft
und unserm eisernen Jahrhundert
verleiht ein maßlos Maß der Kraft
Doch darf man nur den Schleier heben
der farbenprächtig sie umfließt
um ob des Elends zu erbeben
das für die Arbeit ihr entsprießt
Die Arbeit spendet reichsten Segen
und doch drückt sie der Fluch der Not
in Kümmernis ringt alletwegen
sie um ihr kärglich täglich Brot
Für Millionen Proletare
die sich der Pflicht des Schaffens weihn
lohnt´s von der Wiege bis zur Bahre
nicht unter Menschen Mensch zu sein
Und wächst auch ohne ihr Verschulden
das grimme Elend riesengroß
Sie sollen´s tragen, sollen´s dulden
Man nennt´s ihr „unabwendbar Los“
Ein schlechter Trost! Von allen Lügen
die unerhörtste ist´s! Doch kann
die Selbstsucht damit nicht betrügen
den Geist, der lösen soll den Bann
Die große Wahrheit zu verkünden
braust heut der Geist von Land zu Land
nicht Kriegesfackeln will er zünden
nein, schöner Hoffnung milden Brand
Und neue Kraft zu edlem Streben
das endlich doch die Welt versöhnt
will er dem Volk der Arbeit geben
das harret aus und wird gekrönt
Heil Arbeit dir! Laß immer thronen
ob dir des wahren Menschtums Geist
Er wird dir´s danken, wird dir´s lohnen
wie er dir jetzt die Wege weist
Gib Zeugnis, daß des Unglücks Bürde
dein Selbstbewusstsein nicht erschlafft
daß reich du bist an freier Würde
und unerschütterlicher Kraft
So sollst du stark in Geisteswaffen
trotz allem Drang und allem Leid
am Werke der Erlösung schaffen
dem die Geschichte dich geweiht
Und was du duldend unternommen
glaub nicht, daß es vergeblich sei
Ein schön´rer Festtag wird dir kommen
ein Siegestag im Völker-Mai
Text: Karl Frohme –
Musik: auf die Melodie von „Ich bin ein freier Mann und singe“
in Max Kegel : Sozialdemokratisches Liederbuch von 1896