O kommt o kommt und seht sie nahn
mit Purpurkleidern angetan
den Morgenstern als Demant klar
hat sie gewundern in ihr Haar
Das Lächeln, das sie hold umschwebt
hat Gott aus Himmelslicht gewebt
die Rosen, die sie sich geschmückt
hat sie im Paradies gepflückt
Ein Morgenlüftchen leicht und frei
verkündet daß sie nahe sei
und stärket Herz und Aug und Sinn
zu schaun die Morgenkönigin
Nun tut sie auf den goldenen Schrein
die Welt mit Gaben zu erfreun
und streuet ring mit milder Hand
viel Demantperlen auf das Land
Die Erde stand so öd und kahl
sie schmückt mit Farben Berg und Tal
das Blümlein hielt den Kelch geneigt
nun hebt´s ihn wieder froh und leicht
Das Köpflein unterm Flügel schlief
der Vöglein Heer so still und tief
sie hat´s geweckt mit goldenem Schein
zu neuen süßen Melodein
O Morgenröte! Hell und licht
strahlt mir deine goldnes Angesicht
und doch bist du ein Abglanz kaum
vom Schein an seines Kleides Saum
Ich preise froh und tief gerührt
die Hand, die dich heraufgeführt
ich fühl und schmecke hoch entzückt
wie reich der sei, der dich geschmückt
Und bist du nur ein schwacher Schein
wie muß das Licht bei ihm erst sein
zu dessen Schaun auch mich sein Rat
von Ewigkeit berufen hat
Text: Fr. Krummacher (1768-1845)
Musik: auf die Melodie von Wie war so schön doch Wald und Feld
in: Lieder für höhere Mädchenschulen (1919)