O Königin lieb Mutter mein
wann kommt mein stolzer Bräutigam
er kommt dir wohl zur rechten Zeit
dulde dich, mein feines Lamm
Der Bräutigam er bleibt so lang
Stiefmutter denkt an Königsmacht
Es hat ihr feines Töchterlein
Nur an den frohen König dacht
O Königin lieb Mutter mein
Wann kommt mein stolzer Bräutigam
Er kommt dir noch zur rechten Zeit
Gedulde dich mein feines Lamm
Der reichste Schmuck liegt dir bereit
Im Schreine liegt er wohlverwahrt
Es glänzt in Gold so mancher Stein
Ich schmücke dich nach Königs Art
Sie zog hinauf das Treppengewind
Die Jungfrau schritt eilfertig nach
Da hingen Riegel vor der Tür
Die Königin schloß auf das Gemach
Lieb Mutter Königin sag an
Was ist das für ein große Truh
Was ist das für ein Deckel schwer
Sagt decket er Kleinoden zu ?
Jawohl der teuren Schätze viel
Sie deckt der Königsbräute Zier
Ich schließe auf die Schlösser auf
Du greif hinein und wähle dir
Ach Mutter welche reiche Pracht
Ich weiß nicht was ich wählen soll
Bück besser dich hinein mein kind
Am Boden liegt das Beste wohl
Die Jungfrau sich hinunter bückt
ihr Köpflein in die tiefe Truh
Stiefmutter warf in ihrem Grimm
Den schweren Eisendeckel zu
Du Bräutigam du Königssohn
Du kommst zur späten Stund
Feinsliebchen liegt begraben schon
Dort unten in dem Weidengrund
Der Königssohn der weint und klagt
Die Königin sie log ihm zu
Ein Haupt die Wahrheit sagen konnt
Das lag verschlossen in der Truh
Text und Musik: vermutlich W.v. Zuccalmaglio
Volkstümliche Lieder der Deutschen (1895)
Liederthema: Dialoglied, Frauenlieder, Moritaten
Liederzeit vor 1822 - Zeitraum: 1815-1848 Biedermeier
Stichwort:
Anmerkungen:
Dieses Sagenlied hat W v Zuccalmaglio mitgeteilt in Erlach’s Volkslieder 4 596 dann bei Kretzschmer I Nr 49 mit der Anmerkung „Wird äußerst selten noch am Bergischen Rheinufer und in den Jülichschen Ruhrgegenden gesungen“. Nach seinen handschriftlichen Notizen wäre es 1822 zu Wiesdorf im Bergischen aufgeschrieben. Wahrscheinlich hat Z. es selbst verfaßt und auch die Melodie, die seiner Lohengrin-Melodie fast gleich ist (s. Nr 128).
Die Erzählung im Märchen von der Schatzkiste (Apfelkiste), dass die Mutter ihrem Stiefkinde das Haupt mit dem Deckel der Kiste beim Hineinschauen abschlägt, ist sehr alt und historisch. Gregor von Tours (Hist Franc IX 34) berichtet, dass Rigunth von ihrer Mutter durch Zuschlagen des Deckels der Schatzkiste erdrosselt worden sei. Auch im Märchen vom Machandelbaum (Grimm Hausmärchen) tötet die Stiefmutter den Knaben auf gleiche Weise, (Böhme, 1895)