Nun wöll wir aber singen (Fräulein Britania)

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Nun wöll wir aber singen (Fräulein Britania)

Nun wöll wir aber singen
Und wöllens heben an
Von Kaiser Maximilian
Und seiner kaiserlichen Kron
Von seiner kaiserlichen Majestät
Dass er dem Fräulein aus Britania
Heimlich verschrieben hat

Sie tät das Brieflin lesen
Dieselbig Jungfrau zart
Nun welcher mit mir reiten will
Der mach sich auf die Fahrt
Zu einem König aus Österreich
Demselben will ich bringen
Von Gold ein Kränzelein

Die Braut saß auf mit Ehren
Wollt reiten ins deutsche Land
Zu ihrem edlen Herren
Groß Leid stieß ihr zur Hand
Von einem König aus Frankreich
Von Herzen erschrak sie sehre
Die schön Magd tugendleich

Sie reit ein wenig fürbaß
Der öünig reit gen ihr her
von Weinen wurden ihr Äuglein naß
Von Herzen erschrak sie sehr
Er sprach: Gott grüß euch, Jungfrau fein
Ich will euch zu Ehren haben
Zu einem ehlichen Weib

Sie sprach: Das wöll Gott nimmermeh
Ihr haben vor ein Weib
Mein Ehr will ich behalten
Ja, meinen stolzen Leib
Ich will behalten mein Kränzlin mir
Ich will es doch behalten
Dem römischen Reich zu Ehr

Mein Weib ist noch nit alt genug
Das sag ich doch euch fürwahr
Sie war mir über mein Willen geben
Ich was alt sieben Jahr
Sie ist ein Jungfräulein auf diesen Tag
Sie ward mir zugesprochen
Dieweils ich in der Wiegen lag

Der Papst der nimmt das Geld von mir
Scheidt mich von meinem Weib
Er gibt euch zwei zusammen
Zwo Seel und einen Leib
Sie sprach: Das wöll Gott nimmer mehr
Man sah viel heißer Tränen
Aus ihren Äuglein gehn.

Der König kehrt sich nicht daran
Er führt sie mit ihm heim
Er lag bei ihr die liebe lange Nacht
Sie führt ein groß Geschrei
Der grüne Wald wird kosten manchen Mann
Der sich darum sterben muß
Kein Schuld nit dran gewann

Text und Musik: Verfasser unbekannt
in Deutscher Liederhort II (1893, Nr. 251)

Zum Text: 1,7 geschrieben (nach heutigem Sprachgebrauche) — 5, 2 Ihr habt schon ein Weib. Es war Maximilians Tochter, Margarethe von Österreich, mit Karl VIII. seit 1482 verlobt war  — 6, 1 war 1491 erst 11 Jahre alt —  8, 5 Grüner Wald, wo die Entführung geschah

Liederthema: ,
Liederzeit: vor 1491 : Zeitraum:

CDs und Bücher mit Nun wöll wir aber singen (Fräulein Britania):

Anmerkungen zu "Nun wöll wir aber singen (Fräulein Britania)"

Das Lied vom Fräulein aus Britania behandelt die Geschichte, wie Anna, die Erbin des Herzogtums Bretagne, dem römischen Könige Maximilian I. durch den französischen König Karl dem VIII. weggenommen wird. Letzterer war als Kind verlobt mit der kindlich jungen Tochter Maximilians, Margaretha von Österreich, die er aber wieder nach Wien zurückschickte und die Braut Anna begehrte, sie auf ihrer Reise nach Deutschland gefangen nahm und am 6. Dezember 1461 sich mit ihr vermählte.

Mehr historisches bei von Liliencron, hist. L. Nr. 180 und Leben im VL. Einl. 36. Das im Jahre 1491 entstandene Lied ist während des ganzen 16. Jahrhunderts gesungen worden. Die älteste Fassung, in der es uns vorliegt, ist niederländisch: Antwerpener Ldb. 1544 No. 115. Daher Uhland Nr. 173 und Lil. 180 A. — Der älteste erhaltene deutsche Text ist ein fl. Bl. vom Ende des 16. Jahrh. (Straßb. im Kornmarkt). Darnach Lil. 180 B. Nach einem fl. Bl. Basel, Joh. Schröter 1613, bei Uhl. 173 L und hier. — v. Liliencron hält dafür, dass der niederl. Text aus dem deutschen (nicht umgekehrt) übersetzt sei.
Das Versmaß ist dasselbe wie im Schüttensamlied.

Die Melodie gebe ich in zwei Lesarten, a) Zum deutschen Text gehört die Singweise, die zu einem historischen Liede auf die Schlacht bei Mühlberg 1547 in der Wofsenbüttler Hschr. des 16. Jahrh. Aug. 12, q.-Fol. steht und daraus mitgeteilt ist von Liliencron, Nachtrag S. 84 Nr. 91. Über diesem Texte steht: „Im thon. So wollt ich gerne singen, wenn ich vortrauren möcht. Over wie man das frewlein auß Britanien singt.“ Jener Text von 1547 beginnt:

So wollt ich gerne scherzen
Wenn ich für trauren mocht
So rawet mich im herzen
Der frum edle churfurst
Der neulich für Mülberg gefangen ist
Verkauft und auch verraten
Durch falsche böse List

Die Textunterlage bei v. Liliencron ist verfehlt: ein Wiederholungszeichen stand nicht im Original, Diese Mel. gab ich schon im Altd. Ldb. 378 zum „Fräulein v. Britania.

b) Daneben stellte ich die niederländische Weise aus den Souterliedekens 1540, Ps. 141 (f. Altd. Ldb. 379). Das Orig. in F. Altschlüssel und doppelter Notendauer. Ich gebe sie nach Volksart mit Taktwechsel, Erk hat sie nach 4/4-Takt geschrieben. — Willems hat sie verändert und achtzeilig gemacht um sie zu einem Liede v. Jahr 1450 (Uhl. Nr. 300) passend zu machen. Die kleinen Durchgangsnoten bei * fehlen in der Ausgabe des Souterliederkens 1557.

Man ersieht, dass die deutsche von der niederl. Lesart nur unwesentlich abweicht, v. Liliencron (Leben im VL. S. 50) glaubt: die rechte Weise in Deutschland zum „Fräulein von Britania“ sei gewesen: „Ich stund an einem Morgen„.

Souterliedekens 1540, Ps. 141 (s. Altd. Ldb. 379). Das Orig. in F. Altschlüssel und doppelter Notendauer, hier mit Taktwechsel, bei Erk zu 4/4-Takt umgeschrieben:

Zweite Melodie zu Nun wöll wir aber singen (Fräulein Britania)
Souterliedekens 1540, Ps. 141 (s. Altd. Ldb. 379). Das Orig. in F. Altschlüssel und doppelter Notendauer, hier mit Taktwechsel, bei Erk zu 4/4-Takt umgeschrieben