Nun treiben wir den Papst hinaus!
Aus Christus Kirch und Gotteshaus!
Darin er mördlich hat Regiert
unzählig viel Seelen verführt
Nun troll dich du verdammter Sohn
Du rote Braut von Babylon
Du bist der Grewel und Antichrist
Voll Lügen Mords und arger List
Dein Ablaßbrief, Bull und Dekret
Leit nun versiegelt im Sekret
Damit stahlst du der Welt ihr gut
und schendst dadurch auch Christus Blut
Der Römisch Götz ist außgetan
Den rechten Papst wir nehmen an
Das ist Gottes Sohn der Fels und Christ
Auf den sein Kirch erbauet ist
Der ist der höchste Priester zart
Am Kreuz er aufgeopfert wart
Sein Blut für unser Sünd vergoß!
Recht Ablass aus sein Wunden floss
Sein Kirch er durch sein Wort regiert
Gott Vater selbst ihn injustiert
Er ist das Haupt der Christenheit
dem sei Lobpreis in Ewigkeit
Der liebe Sommer geht herzu
verleih uns Christen Freud und Ruh
bescher uns Herr ein fruchtbar Jahr
vorm Papst und Türken und bewahr
Text: Martin Luther: Ein Lied für die Kinder, damit sie zu Mitterfasten den Papst austreiben
Musik: So treiben wir den Winter aus
in Deutscher Liederhort II (1893, Nr. 281)
Das Lied stand zuerst auf einem Fliegenden Blatt, gedruckt 1541 zu Wittenberg: „Ein Lied für die Kinder damit sie zu Mitterfasten den Papst austreiben. Dr. M. L. (Luther).“ Dieses fliegende Blatt, dass der Hymnolog Schamelius besaß und abdrucken ließ, ist verloren.“ (Böhme, Liederhort)
Anmerkungen zu "Nun treiben wir den Papst hinaus!"
Nach einem fl. Bl. vom Jahr 1547 bei Wackernagel. Kirchenlied II, Nr. 52. Darnach im Altd. Ldb. Nr. 631 und hier. — Das Lied ist eine Parodie auf das Kinderlied zu Lätare beim Winteraustreiben und Sommereinholen: „So treiben wir den Winter aus“ (f. Altd. Ldb. Nr. 495 und Wunderhorn I, 165). Das Spottlied auf den Papst ging in mehrere Gesangbücher über (Nachweis im Altd. Ldb. S. 710).
Die obige Lesart der Melodie aus dem Greifswalder Gsgb. 1597, Bl. 330b
Die zweite Melodiefassung „nach einer handschriftlichen Sammlung der Hamburger Stadtbibliothek, wo sie einem um 1548 entstandenen Liebe aufs Interim angepaßt ist: „Ein new Lied von einem Berckman gemacht, vom Interim, wie seinen Vatter, Mutter gefatter Teuffer und Prediger sey. Ihm thon, „Nhun triben wir den Babst Hernuß.“ Original im Altd. Ldb. S. 471. Nachabdruck WK. S. 1047. Anfang :
Bewar mich godt vorm Interim,
Ein grossen schalck hats Interim,
Es hat der Teufel selbst erdacht,
Gen Augsburg auf den Reichstag bracht.
Die dritte Melodiefassung aus dem Hofer Gsgb. 1614, von Nathusius Pfeilschmidt. Im Ratzeburger Gsgb., 4. Aufl. 1730 steht sie mit Buchstaben notiert gleichlautend mit dem Greifswalder. Auch handschriftlich findet sie sich, bis auf zwei fehlerhafte Noten gleichlautend, in J. Walther’s Wittenb. Gesangbüchlein von 1544 (Berliner Exemplar)“ um 1550 eingetragen. —
Im Greifswalder Gsgb. folgt auf nächstem Bl. (331a) das Lied ohne Melodie):
Der Babst hat sich zu todt gefalln
von seinem hohen Stute,
Mit wem soll nun mein arme Seel
vortan nun weiter bulen? (12 Str.)
Erk nimmt an: dieses zweite Lied vom gefallenen Papst sei nach gleicher Melodie gesungen worden, weil dasselbe nur eine Parodie des weltlichen Kuckucksliedes (Kuckuck bat sich zu Tode gefalln) sei, so wäre hier auch die weltliche Volksweise zum Kuckucksliede gefunden. Das läßt sich hören; doch haben wir noch eine andere Melodie zum weltlichen Kuckucksliede, und es müßte dafür also zwei Singweisen gegeben haben. (Böhme, Liederhort)
Handschriftlich nach 1548. Sammlung Hamburger Stadtbibliothek:
Hofer Gesangbuch 1614:
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