Nun reif, nun reif, du kühler Tau!
Reifst mir auf meinen Fuß
Das Meidlein ist über hundert Meil
Und dass mir werden muß.
Nun sing‘, nun sing‘, Frau Nachtigall
Du kleins Waldvögelein!
Kämstu für mein Schlaflämmerlein
Ich wollt dich lassen ein
Da ich in mein Schlafkämmerlein kam
Ich meint ich wär allein
Da kam die Herzallerliebste mein
Wohl zu der Tür herein
Nun sag. nun sag, brauns Meidelein
Wie steht mein und dein Sach?
Seh ich an dein braun Äuglein rot
Dass du trägst Ungemach
Dein Äuglein sein dir verblichen
Dein Mündlein immer rotfarb
Ja, ist es noch kein halbes Jahr
dass ich dich schöns Lieb erwarb
Daß mir mein Äuglein verblichen sein
Das kommt, schöns Lieb, von dir:
Daß du mich übergeben willt
Kränkst mir mein Mut und Sinn.
Wer will mir’s helfen trauren
Der reck zwei Finger auf!
Sieh ich viel Finger, wenig traurigen Sinn
Ade! ich fahr dahin!
Text: Verfasser unbekannt
Musik: Es steht ein Lind in jenem Tal
Deutscher Liederhort II (1893, Nr. 447b)
Fliegendes Blatt 8, 4 Bll. .Gedr. zu Nürnberg durch Valentin Newber (von 2 Liedern das erste). Um 1550—70. Abdr. Wunderhorn. 4. 8. — Die Melodie dazu war vor 1550 die von »Es steht ein Lind in jenem Thal“ (Nr. 406), wie dort die Tonangäbe verraten läßt.