Nikolaus, ein Mann aus Polen
Von Charakter hundsgemein
Liebte heimlich und verstohlen
Eines Schusters Töchterlein
Bei dem wie im Bild ihr seht
Er als Geselle arbeitet
Eines Tags, als er voll Feuer
Schließen wollt den Liebesbund
Und das Mädchen, das ihm teuer
Kußbereit schon vor ihm stund
Da kam der Meister rein und schrie:
Die Luise kriegste nie!
Nikolaus voll Wut dies hörte
Ward darauf ganz desparat —
Fürchterliche Rache schwörte
Doch sich nichts merken lassen tat.
Er dachte still: Das beste is
Du räumst dir weg das Hindernis
Als auf einer kleinen Reise
Sich Luischen einst befand
Schlich er in die Küche leise
Wo die Nudelsuppe stand
Schüttete was Weißes rein
Gott mag dem Schuster gnädig sein!
Mittags auf dem Tisch sie duftet
In des biedren Schusters Haus
Doch die Suppe war verguftet —
Und das tat der Nikolaus
Herr Meister und Frau Meisterin
Die aßen von und fielen hin
Als Luischen trat ins Zimmer
Als das ihre Augen sahn
Da rief sie in ihrem Jimmer
Du hast diese Tat getan!
Dich Mörder kann ich lieben nicht
Ich zeig dich an bei dem Gericht
Nikolaus dies hört mit Grausen
Packt sie bei dem linken Bein
Und er stieß in ihren Bausen
Tief sein Schustermesser rein. —
Doch er entging der Strafe nicht
Er ward geköpft vor dem Gericht!
Text: Verfasser unbekannt , um 1890: „Nikolaus der Mordbube“ oder „Die vergiftete Nudelsuppe“
in Krokodilstränen (1970)