Nächten Abend da ich über die Gasse ging
stand mein Schönliebst am Fenster.
Zu einem Fenster schrie ich rein
Steh auf, feins Mädl und laß mich ein!
ich hab schon längst gestanden.
Ob du schon längst gestanden hast
Kann ich dich nicht rein lassen
Der Vater der ist nicht daheim
Die Mutter schläft noch lange nicht ein
Bleib noch eine Weile draußen!
Wenn Vater und Mutter wird schlafen sein
Dann will ich dich rein lassen
So geh du in die Kammer hinein
So lang wie es dein Will wird sein
So lange will ich dich halten
Und als er in die Kammer ’nein kam,
In der Kammer war’s sehr finster
Er dacht, er kam ins Paradies —
Da saß ein Mädel schön rot und weiß
In ihrem schneeweißen Kleide
Und als es kam um Mitternacht
Die Wächter täten schreien
Wenn einer bei seiner Schönstliebsten ist,
So mach er sich auf und geh nach Haus,
Der Tag kommt angedrungen.
Und als der Knabe die Rede vernahm
Aus der Kammer tat er gehen
Feins Mädelein unter demWändelein saß
Ihre schwarzbraunen Äugelein wurden ihr naß
Sie fing bald an zu weinen.
Weine nicht, weine nicht, feins Mädelein!
Um mich darfst du nicht weinen!
Ich habe schon manche liebe Nacht
Um deinetwegen zugebracht
Es hat mich auch keine gereuet
Text und Musik: Verfasser unbekannt
in Deutscher Liederhort II (1893, Nr. 813b)
a) aus Schlesien. Hoffmann, Schlesische Volkslieder Nr. 53
b) Ähnlichcr Text im gleichen Versmaß bei Mündel: Elsässische Volkslieder Nr. 23. „Es ging einmal am Abend spät ein junger Knab spazieren zc.“
c) In der Mark (1854) hat das Lied den Anfang: Als ich gestern Abend auf der Gassen ging, unter mein Feinsliebchens Fenster …