Nachtigall, ich hör dich singen
´s Herz im Leib möcht mir zerspringen
Komme du und sag mir wohl
wie ich mich verhalten soll
wie ich mich verhalten soll
Nachtigall, ich seh dich laufen,
An das Bächlein gehst du saufen,
Du tunkst dein kleines Schnäblein ein,
Meinst, es wär der beste Wein.
Meinst, es wär der beste Wein.
Nachtigall, wo ist gut wohnen?
Bei der Linde, an der Dohnen,
Bei der schön Frau Nachtigall:
„Grüß mein Schatz viel tausendmal
Grüß mein Schatz viel tausendmal“
„Lass dein Herz in zwei einteilen
komm zu mir, ich will dir´s heilen
Schlag nur alles aus dem Sinn
Lass die Lieb nur fahren bin“
Lass die Lieb nur immer fahren
was fragst du nach solchen Narren
Die sich so viel bilden ein
Meinen, dass sie die schönsten sein
Lass nur nach mit dem Stolzieren
wirst nicht lange mich vexieren
Hast nicht Ursach, stolz zu sein
Schau nur in dein Herz hinein
Ich bin still, hab wohl geschwiegen
dieweil du bist so hoch gestiegen
aber jetzt ist alles aus
der Vogel ist geflogen aus
anderer Schluß:
Hast gemeint, du wollst mich fangen
dieses war nur dein Verlangen
aber nun ist Alles aus
ich such mir ein Andre aus
Das ist ein seit 1750 bis zur Gegenwart [1895, Böhme] in vielen Varianten gesungenes Lied. Nur Strophe 1— 3 sind überall dieselben und das Lied ist damit eigentlich zu Ende. Strophe 6 und 7 werden jetzt selten gehört, sind aber schon auf dem fliegenden Blatt um 1750 verbunden.
Die älteste Notation der Melodie haben wir 1807 bei Büsching, sie ist aber verfehlt. In dem Singspiel „Der Sänger und Schneider„, Musik von Drieberg, aufgeführt am Königlichen Theater in Berlin. 23 Nov. 1814, kommt Lied und Melodie vor. Nach der Partitur des K. Theaters ist die Abschrift in Erk’s Nachlaß (s. unten die vierte Melodie). Auch schon bei Erk I, 1, 25. — Erk nennt die Taktierung konfus. Das meine ich nicht: Der Polonaisen-Rhythmus, der in der 2. Hälfte unverkennbar, ist auch in der ersten Hälfte durchgeführt und Deklamationsfehler gibts nicht. (Böhme, im Liederhort S. 354)
Vielfach mündlich, aus dem Brandenburgischen (Berlin, Brandenburg, Trebbin, Oderberg), Clevischen, Bergischen, Hessen-Darmstädtischen (Dreieichenhain), Franken, Schlesien etc. Mit Benutzung von fliegenden Blättern aus den Jahren 1750, 1786, 1801 u. 1806. Vgl. L. Erk, Volkslieder. B. I, H. 1, S. 25, Nr. 25.
Die Melodie a) aus der Rheinpfalz — b) aus Lothringen (1918) – c) – Vielfach mündlich, aus dem Brandenburgischen (Berlin, Brandenburg, Trebbin, Oderberg), Clevischen, Bergischen, Hessen-Darmstädtischen (Dreieichenhain), Franken, Schlesien (1856) — d) in Die deutschen Volkslieder mit ihren Singweisen (1843) , ältere Fassung im Singspiel „Sänger und Schneider“, Berliner Partitur 1814
2, 3. du tunkst dein etc. – tunkst dein kleines Schnäbelein, meinst es ist etc. (Flieg. Bl. um 1750.) –
3, 1. Nachtigall, hier ist gut wohnen.
3, 3 u. 4. Vgl. Liederhort. S. 290. (Str. 3.)
3, 4. grüß mein Schatz zu tausendmal. (1750.) –
4, 1. Ich will mein Herz in zwei Stück theilen. –
5, 2. weg mit solchen Hochmutsnarren. –
6, 4. schäm dich in dein Herz hinein! – Vgl. Liederhort. S. 296. –
7, 4. ich seh mir ein Schönre aus – der Vogel ist geflogen aus. (1750.) –
Zusatzstrophen im Fliegenden Blatt 1750 und bei Büsching zwischen 5 und 6:
7a. Es freut (reut?) mich mein junges Leben, das mit solcher Lieb umgeben;
das ich so viel leiden muß, ach das ist ein schwere Buß! –
Deine Schönheit hat mich gebunden, ich hab deine Lieb empfunden;
deine Lieb und Süßigkeit hat mir oft mein Herz erfreut.
Strophe bei Büsching: Ich bin still Hab lang geschwiegen … ist einem anderen Liede entlehnt.
Worterklärungen:
Donen, Dohnen (hier für Kronen zu lesen); nach Grimm, Wtb. II, 1220, Done —– Zimmerdecke, Bühne, Krone des Baumes. Birlinger (Wdh. I, 88) erklärt es gar für Rebenlaube, baldachinartiges Gebüsch! — Mißverständlich hört man zuweilen „An der Donau“ singen; im Elsaß hieß die Stelle: „Nicht in Spanien, nicht in Polen.“
"Nachtigall ich hör dich singen" in diesen Liederbüchern
u.a. in:
Fliegendes Blatt um 1790 in von Arnim’s Nachlass, abgedruckt in Birlinger’s Wdh. I, 525, hat 10 Strophen, die mit Büsching’s Text (1807) ziemlich übereinstimmen. —
Des Knaben Wunderhorn I, 1806. S. 93, bloß 3 Strophen. Goethe sagt dazu: „Eine kunstlose Behandlung zugegeben, dem Sinne nach höchst anmutig.“ Diese 3 Strophen sind wiederholt in „Schöneberger Nachtigall“ 1822, S, 3, Menzel 303. Vilmar 217. —
Vgl. Büsching u. von der Hagen, „Sammlung Deutscher Volkslieder.“ S. 203; im Melodienheft S. 23. Text von 10 Strophen nach einem fl. Bl. und mündlicher Lesart zusammengestellt. – Dieser Text ist wiederholt bei Erlach 3, 144. Fink, Hausschatz S. 30. — Kretzschmer I, S. 492 (Melodie sinnlos umgeformt) —
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