Es liegt ein Schlößchen im Österreich (Elsaß)

Der gefangene Schüler

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Es liegt ein Schlößchen im Österreich (Elsaß)

Es liegt ein Schlößchen im Österreich
und ist es schön erbauen
darin da wohnt ein alter Mann
darin da wohnt ein alter Mann
der hat viel Geld gestohlen

Er trugs das Gäßlein auf und ab
Begegnet ihm ein Schüler
Ach Schüler liebster Schüler mein
Trag mir das Geld ein kleine Weil
Laß mich ein wenig ruhen

Der Schüler war es als nicht so jung
Er tat das Geld wohl tragen
Er trugs nach Frankfurt in die Stadt
Wos ‚r alt Mann s Geld gestohlen hat
Wohl vor die hohen Herren

Ach Schüler liebster Schüler mein
Wo hast das Geld gestohlen
Ich habs nicht gestohlen
ich habs nicht getan
Es hat mirs geben ein alter Mann
Sollte ihm ein kleine Weil tragen

Die Herren kehren sich nicht dran
Sie nahmen den Schüler gefangen
Und warfen ihn zwischen zwei Mauern ein
Ach wüßte das es nur mein Mütterlein
Sie tat mir helfen greinen

Der Schüler war es als nicht so jung
Er tät ein Brieflein schreiben
Er schickt n seim Vater und Mutter heim
Sie sollten nicht länger bleiben

Es stund nicht länger als drei Tag
Sein Vatter kam gegangen
Ach Sohn geliebter Sohne mein
Was hast du angefangen

Was ich es angefangen hab
Das werdt Ihr werden innen
Ich hab ein Galgen im Oestreich stehn
Dem kann ich nicht entspringen

Und da der Schuler aufs Rathhaus kam
Sein Urtheil wollten sie ihm sprechen
Sein Batter stund als hinte n dran
Sein Herz möcht ihm zerbrechen

10 Ach Vatter liebster Vatter mein
Laßt euer Herz nicht brechen
Mein Mutter geht es mit m neunten Kind
Das könnt ihr vor mich rächen

Ach Sohne liebster Sohne mein
Das kann ich nicht vor dich rächen
Fürwahr das steht in Gottes Gnad
Kein Wort kann es nicht sprechen

Und da der Schuler ans Thor naus kam
Wol auf die grüne Heide
Sah er mit sein n schwarzbraun Aeuge lein
Drei schneeweiße Weiber

Die eine war sein Mütterlein
Die zweite war sein Schwester
Die dritt die er nicht nennen mag
Die meints zum Allerbesten

Und da der Schüler an den Galgen tam
Die Leiter wollt er nicht steigen
Der Schinner Schinder schrie es über laut
Reicht ihm ein weiße Binde

Kein weiße Bind die brauch ich nit
Ich muß die Welt beschauen
Ich schau sie heut und nimmermehr
Mit meinen schwarzbraunen Augen

Und da der Schuler gehentet war
Da gingen die Leute wiedrum heime
Bleibt niemand unter dem Galgen stehn
Als sein Feinslieb alleine

Feinslieb Feinslieb wein nicht so sehr
Wenn ich gleich henke wol zwanzig Jahr
Daran thu ich nicht faulen

Es stund nicht länger als drei Tag an
Es tam eine Post vom Himmel herab
Sie sollen den Schuler vom Hochgericht than
Sonst würd die Stadt versinken

Es stund nicht länger als drei Tag
Es kamen drei Teuben aus Engelsreich
Und hoben den Schuler ins Himmelreich
Der Schuler ist selig worden

aus dem Elsaß, um 1800
Deutscher Liederhort I (1893, Nr 61g)

Von einer alten Webersfrau aus Bergzabern im Elsaß, die zu Spachbrücken im Odenwalde wohnte, 1860 den 3 Aug vorgesungen und von Erk nachgeschrieben. Sie hatte das Lied von ihrer Mutter erlernt, die es vor 1800 gesungen hatte. Es ist eine Umbildung des vielgesungenen Liedes vom gefangenen Knaben.

Geschichte dieses Liedes:


Archivnummer: BSMA G Liederthema:
Liederzeit: (1800)
Ort:

CDs und Bücher mit Es liegt ein Schlößchen im Österreich (Elsaß):


Anmerkungen zu "Es liegt ein Schlößchen im Österreich (Elsaß)"

Dieses Lied vom gefangenen Schüler fand auch Uhland 4 144 auf einem fliegenden Blatt aus der Schweiz o Ort und Jahr im 18 Jahrh gedruckt. Anfang:

Es staht ein Schlößlein ehnet (jenseits) dem Rhein
Und es ist schön erbauet
Darinnen liegt ein alter Mann
Er hat viel Geld gestohlen

Die weitern Strophen 2 – 12 erzählen: Er gab das Geld einem Schülerknaben zu tragen. Dieser trug es gen Augsburg und ward dort als Dieb in einen Turm voll Würmer und Schlangen gelegt. Er schickt nach seinem Vater heim und dieser kommt eilends, redet ihn kläglich an: Ach Sohne lieber Sohne mein, was hast du angefangen, macht dem Sohne aber noch Hoffnung, doch vergeblich, am dritten Tage gings zur Hinrichtung des Schülers. Man führt ihn über grüne Heid, der Vater weinend folgte. Die Schlußstrophen heißen: 13: Ihr sollt mir die Augen unverbunden lan, So kann ich die Welt noch ein klei wenig schauen, Ich seh sie heut und nimmermehr, Mit meinen schwarzbraunen Augen

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