Mit jammervollen Blicken
und tausend Sorgen schwer
schleich ich an mcincr Krücken
die weite Welt umher
War einst ein braver Krieger
sang manch Soldatenlied
war einst ein froher Sieger
nun bin ich Invalid
Gott weiß, Hab viel gelitten
Hab schon in manchem Kampf
In mancher Schlacht gestritten,
Gehüllt in Pulverdampf
Verwundt Hab ich gelegen
Wohl auf dem freien Feld
Man zog mir aus meine Kleider
Und nahm mir auch mein Geld
Ich stand bei Sturm und Regen
Weit draußen in der Nacht
Bei Blitz und Donnerschlägen
Ganz einsam auf der Wacht
Ich fürcht‘ weder Tod noch Teufel
Aber meinen lieben Gott
Der hilft aus allem Zweifel
Der hilft mir aus der Not
Mir drohten oft Geschütze
Der fürchterlichste Tod
Oft trank ich aus der Pfütze
Aß auch verschimmelt Brot
Doch war ich stets zufrieden
Gedachte meiner Pflicht
Und Gott half mir zum Siege
Und Gott verläßt uns nicht
Ihr Söhne! bei der Krücke
An der mein Leib sich beugt
Bei diesem Tränenblicke
Der sich zum Grabe neigt
Beschwör ich euch, ihr Söhne:
Bleibt treu mit Tapferkeit
Wenn Kriegstrompetentöne
Euch rufen in den Streit
Text und Musik: Kriegspropaganda zu Beginn des Deutschen Kaiserreichs. Gegenlied eines unbekannten Verfasser gegen das weit verbreitete „Bettelsoldat-Lied“ von Schubart.
In Deutscher Liederhort (1893, Nr. 1407, „Des Invaliden Mahnung“): Dieser jüngere Invalidengesang schließt nicht mehr mit Klagelauten, sondern der patriotischen Mahnung: Allezeit zum Kampf bereit. Die 3. Strophe erinnert an Bismarcks geflügeltes Wort: „Wir Deutschen fürchten Gott, und sonst Niemand!“ Aus Hennethal im Untertaunus u. Homburg, 1880.