Linchen ging einmal spazieren
in den Myrthenhain
bald fand sich zu ihr im Grünen
dort ein Jüngling ein
Linchen war ein gutes Mädchen
war schön, jung und treu
Linchen war ein gutes Mädchen
etwas Schalk dabei.
Schön und niedlich war der Bube,
lieblich sein Gesang.
Schön und niedlich war der Bube,
war wie ein Birken schlank.
„Gib mir doch ein einziges Küßchen,
Liebes Linchen her!“
Hierauf reicht sie ihm ein Küßchen
Und noch etwas mehr
Eh sie von einander schieden
schwur der Jüngling Treu;
als sie von einander waren
war die Schwur vorbei.
Schattig ist der Wald und dunkel
und ich so allein!
Schattig ist der Wald und dunkel
und mir hilft kein Schrein.
„Linchen, deine Wangen blassen“
sprach die Mutter einst
„Linchen deine Wangen blassen
und du weinst allein?“
„Ach, ein Jüngling hat geschworen
und sein Schwur ist fort
Ach ein Jüngling hat geschworen
und mein Kranz ist fort.“
„Mutter, ach in wenig Tagen
werd ich nicht mehr sein
Mutter, ach in wenig Tagen
scharrt man Linchen ein.
Dann so setzt am grünen Hügel
in dem Myrthenhain:
Dieser schwarze Todeshügel
hüllt ein Mädchen ein!“
Text und Musik: Verfasser unbekannt –
in Deutscher Liederhort II (1893, Nr. 712, „Falsche Schwüre“, mit zwei Melodien, einmal im 6/8- und einmal im 2/4-Takt.