Linchen einst wirst du die Meine
Linchen einst werd ich der Deine
Du mein Weib und ich dein Mann
Kann ja doch nicht ewig währen
Und Gott wird mir Brot bescheren
Daß ich dich ernähren kann
Müssen wir gleich sparsam leben
Wird sich´s nach und nach wohl geben
Sparsamkeit erhält das Haus
Arbeit ich am frühen Morgen
Hilfst du mir fein chrichstllch sorgen
Langen wir gemächlich aus
Wahre Liebe ist zufrieden
Sei’s ihr kärglich auch beschteden
Dennoch froh und wohlgemut
Unter liebevollen Küssen
Schmeckt ihr auch der kleinste Bissen
Überschwenlich süß und gut
Gibt der liebe Gott uns Kinder
Werden frischer und gesünder
sie bei Wasser als bei Wein
Wie die jungen Rosen blühen
Und bei christlichem Erziehen
Unsre größte Freude sein
In der Dämmrung heilgem Grauen
Füllt ihr schmeichelndes Vertrauen
Uns mit namenloser Lust
Macht die arge Welt uns Schmerzen
Scheucht ihr unschuldvolles Scherzen
Jeden Gram aus unsrer Brust
Haben wir sie treu gepflogen
Tugendsam und groß gezogen
Und wir sehnen uns nach Ruh
Naht sich freundlich unser Ende
Drücken weinend ihre Hände
Uns die müden Augen zu
Schwören sich bei unserm Grabe
Fromm an ihrem Wanderstabe
Durch dies Leben Hinzugehn
Mäht der Tod auch sie einst nieder
Sehn wir sie im Himmel wieder
Unter Engeln Gottes stehn
Lina dann bist du die Melne
Lina dann bin ich der Deine
Ohne Trennung ohne Schmerz
Gott mein Traumbild ist zu herrlich
Wahrheit Wahrheit wird es schwerlich
Hoffe nicht zu viel mein Herz
Text: J. E. W. – steht zuerst in Teutscher Merkur , 1783 , 2. Vierteljahr. Der Verfasser ist unbekannt ( anonym )
in Als der Großvater die Großmutter nahm (1885)