Liederlexikon: Sesenheimer Liederbuch
Liederbuch 1831-1840 | 1835Sesenheimer Liederbuch, der zusammenfassende Name für elf Gedichte, die H. Kruse 1835 nach Mitteilungen der Schwester von Goethes Jugendgeliebten Friederike Brion aufzeichnete und die in Hirzels „Jungem Goethe“, Bd. 1 (Leipz. 1875), abgedruckt wurden. Das S. L. enthält einige der schönsten Jugendgedichte Goethes … (Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 380)
Wikipedia über das sogenannte Sesenheimer Liederbuch:
Fr. Pfeiffers Veröffentlichung von 1841 über Goethes Friederike war offenbar u. a. deshalb so erfolgreich, weil mit dem im Anhang dort zitierten „Sesenheimer Liederbuch“ eine Wunschvorstellung Realität wurde …. In Pfeiffers Buch gerieten andere Liedtexte hinein, die das Durcheinander vergrößerten. Pfeiffer zitiert die Nachdichtung einer Volksballade mit dem Textanfang „Es wirbt ein schöner Knabe da überm breiten See …“ Achim von Arnim hat diesen Text nach einem älteren Liedanfang selbst weitergedichtet und in Des Knaben Wunderhorn Band 1 (1806), S. 236, veröffentlicht. Mit Quellen bis in das 15. Jahrhundert zurück gehört der Text zum Liedtypus Es waren zwei Königskinder. Noch bis 1895 weisen wissenschaftliche Liedausgaben bei diesem Lied auf Goethes „Sesenheimer Liederbuch“ hin.
Gleicher Vorbehalt gilt für „Frag alle Bekannte, frag alle Verwandte …“, das ist ein „Lob der deutschen Treue“, wie es zuerst 1818 veröffentlicht und anonym auf Berliner Liedflugschriften um 1820/1830 verbreitet wurde. Ein Text, den Pfeiffer ebenfalls aufnahm, „Hand in Hand! und Lipp’ auf Lippe! Liebes Mädchen, bleibe treu …“, ist zwar tatsächlich von Goethe, hat aber wiederum mit Sessenheim nichts zu tun.
Fataler ist Pfeiffers „Fälschung“ für das berühmte Lied „O Straßburg, o Straßburg, du wunderschöne Stadt, darinnen liegt begraben so mannicher Soldat …“, das seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts belegt ist, aber in verschiedenen, älteren wissenschaftlichen Ausgaben und in populären Gebrauchsliederbüchern (so zum Beispiel im Liederbuch Der Zupfgeigenhansl, Auflage 1919, S. 166 f.) mit dem Quellenhinweis „vor 1771“ versehen wurde, welches ebendieses „Sesenheimer Liederbuch“ bedeuten soll.
Pfeiffer zitiert ebenfalls einen verbreiteten Vierzeiler, „Vom Wald bin ich kommen, wo’s stockfinster ist …“, der damit fälschlich Goethe zugeschrieben wurde, tatsächlich ab 1824 belegt ist (und möglicherweise mit ähnlichen Varianten auf die Zeit um 1800 zurückgeht), aber auf jeden Fall nicht von Goethe ist.
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