Leute tretet rings heran
Hört Euch die Geschichte an
Hört, was neulich an der Spree
in der Hauptstadt ist geschehn
Jedes brave Preußenherz
richt´ die Blicke himmelwärts
denn man sieht, wie wundersam
Gott schützt unsern Fürstenstamm
Friedrich Wilhelm hat gehört
daß die Weber sich empört
wollt´ in Schlesien sie besuchen
und traktiern mit Pfefferkuchen
Unten also in dem Schloß
steht den König sein Karoß
das war morgens um die Achte
als noch niemand Böses dachte
Neufchateller stehn umher
in dem Arm ihr klein Gewehr
und ein Mann ganz eingemummelt
ist ins Schloß hineingebummelt
Pocken hat er im Gesicht
das bedeutet Gutes nicht
Duncker hätte gleich erraten
dieser würde attentaten
Seht, die edle Königin
setzt sich in den Wagen rin
Redern reicht ihr eine Tüte
„Schmeckstduprächtig“ erster Güte
Auch der König tritt heraus
sieht noch ganz verschlafen aus
tut sich rechts und links verneigen
und dann in den Wagen steigen
Wie er nun darinnen sitzt
Tschech sein Terzerol abblitzt
zweimal schießt er ungerührt
bis man endlich ab ihn führt
Daß er doch am Leben blieb
dieses war dem König lieb
und dem Kutscher läßt er sagen
auf die Pferde loszuschlagen
Vor dem Schlosse macht er Halt
zeigt dem Volk sich von Gestalt
sprechen tut er diesmal wenig
und man ruft: „Es leb der König!“
War wohl je ein Mensch so frech
wie der Bürgermeister Tschech?
Der verruchte Übeltäter
Hochverräter, Attentäter
Fast den König bracht´ er um
vor dem ganzen Publikum
schoß sogar der Landesmutter
durch den Rock ins Unterfutter
Leute, tretet näher ran
höret die Moral auch an
die man zieht aus dem Gedicht
Traut keinem Bürgermeister nicht!
in: Musenklänge aus Deutschlands Leierkasten . Leipzig , 1849, S. 147ff. . —
In den späteren Ausgaben (1850, 1852 u. a.) fast nur orthographische Varianten. —
Mehrfach nachgedruckt . (nach Steinitz II, 1962)