Kunde willst du talfen gehn
Laß mich erst dein Fleppchen sehn
Ach, wie ist das Walzen schön
Wenn man brav kann talfen gehn
Hier gibt’s Geld und da gibt’s Brot
Gannefex hat keine Not
Schiebt man in ein Kaff hinein
Hört man gleich die Kaffern schrein
„Kunde, du mußt weiter gehn
Es waren heute da schon über zehn!“
Kunde, du darfst nicht verzagen
Hat dich gleich der Butz beim Kragen
Und steckt er dich wohl auch ein
Bei Wasser und Brot ins Kittchen hinein
Und das gibt eine schöne Geschicht‘,
Jetzt kommen wir vor’s Landgericht
Der Staatsanwalt platzt gleich heraus:
„Sechs Wochen mit dem Kerl ins Arbeitshaus.“
Text : Verfasser unbekannt –
Melodie „Studio auf einer Reis“
in Volkslieder aus Oberhessen (O. Böckel, Nr. 96, von einem Handwerksburschen, 1880)
Deutscher Liederhort III (1894, Nr. 1588 „Gauner-Lied“)
Zur Geschichte dieses Liedes:
Versionen, Parodien und Nachdichtungen: :
Liederthema: Arbeit und Berufe, Vagabundenlieder
Liederzeit vor 1880 - Zeitraum: 1871-1918: Deutsches Kaiserreich
Stichwort: Orte: Hessen
Geschichte dieses Liedes: Studio auf einer Reis
Anmerkungen:
Wörter aus dem Rotwelsch
Worterklärung nach der „Kunden-Sprache“: (Böckel’s Wörterbüchlein, daselbst 122)
- 1.1: Kunde = Handwerksbursch, Gauner, Fahrender; talfen = betteln
- 1.2: Fleppchen. Fleppe, auch Flebbe = Paß, Papier
- 1.3: walzen = heruntreiben, vagabundieren
- 2.3: Kaff = Dorf
- 2.4: Kaffer = nicht die afrikanische Völkerschaft, sondern vom hebräischen „Kaffrijm“ = Dörfler, ungebildeter Mensch, Dorfbewohner
- 3.4: Butz = Polizeidiener
- 4.2: Kittchen = Arresthaus, Gefängnis