Künstlers Abendlied

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Ach, das die innre Schöpfungskraft
durch meinen Sinn erschölle
dass eine Bildung voller Saft ‚
aus meinen Fingern quölle!

Ich zittre nur, ich stottre nur
und kann so es doch nicht lassen
ich fühl, ich kenne dich, Natur
und so muss ich dich fassem

Bedenk‘ ich dann, wie manches Jahr
sich schon mein Sinn erschliesset
wie er, wo dürre Haide war,
nun Freudenquell geniesset

Wie sehn‘ ich mich, Natur, nach dir
dich treu und lieb zu fühlen!
Ein lust’ger Springbrunn wirst du mir
aus tausend Röhren spielen.

Wirst alle meine Kräfte mir
in meinem Sinn erheitern,
und dieses enge Dasein mir
zur Ewigkeit erweitern.

Text: Johann Wolfgang von Goethe
Allgemeines Deutsches Liederlexikon (1844)

Liederthema:
Liederzeit: vor 1800 : Zeitraum:

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