Komm, lieber Mai, und mache
die Bäume wieder grün
und lass mir an dem Bache
die kleinen Veilchen blühn!
Wie möchte ich doch so gerne
ein Veilchen wieder sehn,
ach, lieber Mai, wie gerne
einmal spazieren gehn!
Zwar Wintertage haben
wohl auch der Freuden viel:
man kann im Schnee eins traben
und treibt manch Abendspiel,
baut Häuserchen von Karten,
spielt Blindekuh und Pfand,
auch gibt’s wohl Schlittenfahrten
aufs liebe freie Land
Doch wenn die Vögel singen
und wir dann froh und flink
auf grünem Rasen springen,
das ist ein ander Ding!
Jetzt muss mein Steckenpferdchen
dort in dem Winkel stehen,
denn draussen in dem Gärtchen
kann man vor Schmutz nicht gehn.
Am meisten aber dauert
mich Lottchens Herzeleid,
das arme Mädchen lauert
recht auf die Blumenzeit.
Umsonst hol ich ihr Spielchen
zum Zeitvertreib herbei,
sie sitzt in ihrem Stühlchen
wie’s Hühnchen aus dem Ei.
Ach, wenn’s doch erst gelinder
und grüner draußen wär!
komm, lieber Mai, wir Kinder,
wir bitten gar zu sehr!
O komm und bring vor allem
uns viele Veilchen mit,
bring auch viele Nachtigallen
und schöne Kuckucks mit.
Text: Christian Adolf Overbeck (1775 , „Fritzchen an den Mai“) – in: Fritzchens Lieder (1781)
Musik: Wolfgang Amadeus Mozart (1791)
CDs und Bücher mit Komm lieber Mai und mache:
Anmerkungen zu "Komm lieber Mai und mache"
Mit der Überschrift „Fritzchen an den Mai“ zuerst in Voss‘ Lauenburgischen Musenalmanach für 1776, S 49 mit „Z“ unterzeichnet. In Kinderliederheften sind bloß die 1. und 5. Strophe als beste ausgewählt, von Erk seit 1824 schulmäßig so hergestellt. Mozarts Komposition mit Klavierbegleitung, 1791, ist in vielen Sammlungen gedruckt. (Finks Hausschatz u. a.)
Abweichungen im Text
In der ersten Fassung von „Fritzchen an den Mai“ (zuerst im Voßischen (Lauenburgischen) Musenalmanach von 1776) sind die zweite und dritte Strophe völlig und die vierte Strophe etwas anders:
Komm, lieber Mai, und mache
die Bäume wieder grün
und lass mir an dem Bache
die kleinen Veilchen blühn!
Wie möchte ich doch so gerne
ein Veilchen wieder sehn,
ach, lieber Mai, wie gerne
einmal spazieren gehn!
In unsrer Kinderstube
wird mir die Zeit so lang
bald werd ich armer Bube
vor Ungeduld noch krank
auch bei den kurzen Tagen
muß ich mich obendrein
mit den Vokabeln plagen
und immer fleissig sein
Mein neues Steckenpferdchen
muß jetzt im Winkel stehn
denn draußen in dem Gärtchen
kann man vor Schnee nicht gehn
Im Zimmer ist´s zu enge
und stäubt auch gar zu viel
und die Mama ist strenge
sie schilt aufs Kinderspiel
Am meisten aber dauert
mich Fietchens Herzeleid,
das arme Mädchen lauert
auch auf die Blumenzeit.
Umsonst hol ich ihr Spielchen
zum Zeitvertreib heran
sie sitzt in ihrem Stühlchen
und sieht mich kläglich an
Ach, wenn’s doch erst gelinder
und grüner draußen wär!
komm, lieber Mai, wir Kinder,
wir bitten gar zu sehr!
O komm und bring vor allen
uns viele Rosen mit,
bring auch viele Nachtigallen
und schöne Kuckucks mit