Mit Gott, der allen Dingen
Ein Anfang geben hat
So heben wir an zu singen
Eine wunderliche Tat
Als man zählt tausend vierhundert Jahr
auch sieben und siebzig Jahr
zu Passau gschach groß Wunder
da Ulrich Bischof war
Der Christoph Eisenhammer
Durch sein groß Missetat
Fing an ein großen Jammer
Zu Passau in der Stadt
Zu’n Juden tät er laufen
Und fragen sie behend
Ob sie nit wollten kaufen
Das heilig Sakrament?
Alsbald sie Antwort gaben
Er soll’s ihnen bringen nun
Sie wollten ihm mit Gaben
Ein völlig G’nüge tun.
In stürmischer Nacht, im Finstern
Brach er die Türe auf
Von unserer Frauen Münster
Nahm acht Partikel aus
Um einen Gulden, merk‘ eben
Er sie alle acht verkauft
Dass einer, wie zu sehen
Auf dreißig Pfennig lauft
Die Juden ließen’s zum Tempel
Bald tragen auf den Altar
Ein Messer sie auszogen
Und stachen grimmig drein
Bald sahen sie heraus fließen
Das Blut ganz wild und reich
Gestalt sich sehen ließen
Ein’m jungen Kindlein gleich
Das brachte großen Schrecken
Sie gingen bald zu Rat
Zwo Hostien zu schicken
Gen Salzburg in die Stadt
In die Neustadt auch zwo senden
Zwo schickten sie gen Prag
Zwo hielten sie bei Händen
Hätten darüber Frag
Sie meinten und verhofften
Christum auszutilgen gar
Drum heizten sie ein’n Ofen
Worin die Hostien war’n
Doch seht! Vor ihren Augen
Flogen zwei Engel raus
Dazu zwo schöne Tauben
Das machte Furcht und Graus
Christoph, der Übeltäter
In Sünden hart verblendt
Wie Judas der Verräter
Stiehlt weiter was er findt
Als er zu Germansbergen
Angriff den Kirchenstock
Ergriffen ihn die Schergen
Sie schlugen ihn in Stock
Da er nun lag gefangen
Zu Passau im Oberhaus
Was er je hätt begangen
Bekennt er frei heraus
Da wurden die Untaten
Der Juden auch vermehrt
Wie sie geraten hatten
Das Sakrament entehrt
Dem Bischof ging zu Herzen
Solch lästerliche Tat
Darauf ohn alles Scherzen
Er nach ihnen greifen hat
Da haben sie bekennet,
Dass sie das Sakrament
Gestochen und gebrennet
Und in drei Städt‘ gesendt
Zwar vier aus den Gefangnen
Haben sich weisen la’n
Die Seligkeit zu erlangen
Den Glauben g’nommen an
Die andern sind verbrennet
Die vier, so sich bekehrt
Die Christen sich genennet
Die gab man zu dem Schwert
Christoph, der’s angefangen
Das Sakrament verkauft
Ward auch mit heißen Zangen
Nach etlich Wochen gestraft
Text und Musik: Verfasser unbekannt
in Deutscher Liederhort II (1893, Nr. 244 „Judenverfolgung in Passau“, 1478)
Böhme gibt im Liederhort nur die Strophen 1-3 und die Melodie, verweist ansonsten auf „Des Knaben Wunderhorn“ und einen Goethe-Kommentar: „Bänkelsängerisch aber lobenswert“. Die Angabe im Wunderhorn: „Aus einem geschriebenen geistlichen Liederbuche in der Sammlung von Clemens Brentano.“