Joseph lieber Joseph was hast du gemacht (Kindsmörderin)

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Joseph, lieber Joseph
was hast du gemacht
daß du die arme Nannerl
ins Unglück hast ´bracht

Joseph, lieber Joseph
mit mir ist´s bald aus
man wird mich bald führen
zum Schandtor hinaus

Zum Schandtor hinaus
auf ein grünen Platz
da wirst du bald sehen
was Lieb hat gemacht

Richter, lieb Richter
richt nur fein geschwind
ich will ja gern sterben
daß ich komm zu mei´m Kind

Joseph, lieber Joseph
reich mir deine Hand
ich will dir verzeihen
das ist Gott wohlbekannt

Der Fähndrich kam geritten
und schwekt seine Fahn´
„Halt mit der schönen Nannerl
Ich bringe Pardon.“

„Fähndrich, lieber Fähndrich
sie ist ja schon tot.“
„Gute Nacht mein schön Nannerl
deine Seel´ ist bei Gott.“

Text: Verfasser unbekannt , zuerst aufgezeichnet 1806 in Reichardt :  „Musikalische Zeitung“
Musik: anonym aus Schwaben , Volksweise um 1615 –
Angaben nach Deutscher Liederhort, Nr.7, 1856

CDs und Bücher mit Joseph lieber Joseph was hast du gemacht (Kindsmörderin):

"Joseph lieber Joseph was hast du gemacht (Kindsmörderin)" wird auf diese Melodie gesungen:

Melodie zu Joseph lieber Joseph was hast du gemacht (Kindsmörderin)

Anmerkungen zu "Joseph lieber Joseph was hast du gemacht (Kindsmörderin)"

Anmerkung: unter dem Titel „Die Kindsmörderin“ verbreitet , zeugt das Lied von dem Elend vieler Frauen, die das Pech hatten, von einem Mann geschwängert zu werden, der nicht für das Kind sorgen konnte oder wollte , in diesem Fall war es ein Soldat.

R. A. Stemmle schreibt in „Traurig aber wahr“ 1931 zu diesem Lied: „Das schwäbische Volkslied wird nach einer klagenden, wehmütigen Melodie gesungen. Man nimmt an, daß es Friedrich Schiller zu seinem Spektakulum »Die Kindsmörderin« angeregt hat, das in der Anthologie auf das Jahr 1782 erschien. Nachgewiesen ist, daß Schillers Ballade von Moritatensängern auf Messen und Märkten mit der angehängten Moral deklamiert wurde:

Trauet nicht den Rosen eurer Jugend
Trauet, Schwestern, Männerschwüren nie!
Schönheit war die Falle meiner Tugend
Auf der Richtstatt hier verfluch‘ ich sie! —

Zähren? Zähren in des Würgers Blicken?
Schnell die Binde um mein Angesicht!
Henker, kannst du keine Lilie knicken?
Bleicher Henker, zittre nicht!

Der Herr Kirchenrat Horstig in Heidelberg schrieb 1806 in Reichardts »Musikalischer Zeitung«: »Ein gefälliger Knabe vom Berge, auf dessen Stimme und Lieder mich der Herausgeber des „Wunderhorns“ aufmerksam gemacht hatte, sang mir heute seine Lieder vor: „Joseph, lieber Joseph, was hast du gedacht?“ Das Lied will Clemens Brentano zur Grundlage einer Geschichte machen.« Es wurde daraus die wunderbare Kriminalgeschichte »vom braven Kasperl und dem schönen Annerl«.

Und Gottfried August Bürger schrieb in demselben Jahr, als auch Schillers »Kindsmörderin« erschien, nach der gleichen Story des alten Volksliedes seine grausige Schauerballade »Des Pfarrers Tochter zu Taubenhain«, die zuerst im »Göttinger Musenalmanach« erschien. Eigentlich sollte es ein bürgerliches Trauerspiel werden, schrumpfte dann aber zu den 38 Balladenstrophen zusammen. 1801 machte J. J. Brückner »nach einer wahren Geschichte nach Bürgers Ballade« einen Roman daraus, der viel gelesen wurde und bis 1840 sechs Auflagen erlebte.

Das Thema der Kindsmörderin kehrt immer wieder bis in gerader Linie zu Bertoldt Brechts Ballade »Von der Kindsmörderin Marie Farrar«.

Marie Farrar, geboren im April,
Gestorben im Gefängnishaus zu Meißen
Ledige Kindesmutter, abgeurteilt
will Euch die Gebrechen aller Kreatur erweisen
.. .
Doch ihr, ich bitte euch, wollt nicht in Zorn verfallen
Denn alle Kreatur braucht Hilf‘ von allen.“

Brecht wurde durch einen Prozeß im Gerichtssaal zu seiner Ballade angeregt: Marie Farrar, geboren zu Augsburg am Lech, kam vor Gericht wegen Kindesmord in dem zarten Alter von sechzehn Jahren. Diese Farrar erregte das Gemüt des Gerichtshofes durch ihre Unschuld und menschliche Unempfindlichkeit.