In Madrid lebt ein einst Jüngling
der Pedrillo war genannt
dieser zeichnete und malte
mit sehr kunstgeübter Hand
Keiner trug wie Don Pedrillo
So nen hohen, steifen Hut
Und den edlen Bleistift spitzen
Konnt´ er aus dem Grunde gut
Meistens nahm er Nr. 7
spitzt´ ihn an zwei Seiten an
was man sehr bequem, indessen
niemals praktisch finden kann
Bald bemerkte dies sein Meister
sprach zu ihm: „Als Mensch und Christ
sag ich Dir, dass das gefährlich
und auch gar nicht nötig ist
Doch Pedrillo, welcher wenig
Von des Meisters Lehren hält
Zeichnet fort, zu welchem Zwecke
Er sich ein Modell bestellt
Abends aber, wenn ein jeder
Gerne seine Ruhe hat,
Führt Pedrillo dieses Mädchen
Dann spazieren vor der Stadt
Bald bemerkte dies sein Meister
Sprach zu ihm: »Als Mensch und Christ
Sag ich dir, daß das gefährlich
Und auch gar nicht nötig ist!«
Doch Pedrillo schlug die Lehren
Lirum, larum in den Wind,
Und spaziert schon nächsten Tages
Wieder mit dem schönen Kind
Und er spricht: »Ich lieb dich, Rosa!«
Diese sagt nichts, doch sie läßt
Ruhig zu, daß sie Pedrillo
Fest und fester an sich preßt
»Au!« schreit plötzlich Don Pedrillo
Und das Mädchen schreit es auch
Sterbend sinken beide nieder
Unter einem Myrtenstrauch.
Als Pedrillos Meister dieses
Hörtesprach er sorgenschwer:
»Spitz, o Jüngling, an zwei Seiten
Keinen harten Bleistift mehr!
Führ auch Mädchen nicht spazieren
Denn dies Beispiel zeigt es klar
Daß sowohl es sehr gefährlich
Als auch gar nicht nötig war!«
Text: Gustav Kühn aus Neuruppin, „Der Bleistift als Mordinstrument“ – nach „Schreckliche Folgen eines Bleistifts“ von Wilhelm Busch
in Krokodilstränen (ca. 1970)