Im Westen winkt das Abendrot
mit seinem Purpurlicht
die Sonne küßt verklärt im Tod
der Erde Angesicht
Es wiegt der Wellen goldger Schein
die Wasserrose ein
sie lauscht der nahen Nachtigall
süßmilden Melodein
Heidi, heidi, heida
wie ist die Welt so wunderschön!
Am Ufer steht ein Lindenbaum
in junger Frühlingspracht
durch seine Äste zieht ein Traum
mit wunderbarer Macht
ein Traum von längst vergangner Zeit
wo man in gleicher Tracht
in gleicher Lust und Fröhlichkeit
wohl unter ihm gelacht
Ja, Wahrheit war einst dieser Traum
von jener schönen Zeit
wo unterm selben Lindenbaum
man sang und trank wie heut
wo man wie heut im Freundeskreis
Motiver allzumal
dem Stiftungstage sang zum Preis
manch Lied mit der Moral
Verstorben ist manch treuer Freund
verklungen manches Lied
verdorben mancher auch zur Zeit
allein Motiv: es blüht.
Es blüht just wie der Lindenbaum
im goldnen Abendrot
die Eintracht ist sein schönster Traum
und Frohsinn sein Gebot
Sind wir einmal bejahrt und alt
ein Vater, Mann und Greis
allein das Herze noch nicht kalt
das Haar in Ehren weiß
dann laßt uns denken oft zurück –
sehn wir die Linden blühn –
im Abendrot mit jungem Blick:
„Motiver=Melodien“: Heidi
Text: W. Wulff. 1873
Musik: auf Mein Lebenslauf ist Lieb und Lust
Allgemeines Deutsches Kommersbuch