Ich will einst, bei Ja und Nein
Vor dem Zapfen sterben
Alles, meinen Wein nur nicht
Lass ich frohen Erben
Nach der letzten Ölung soll
Hefen noch mich färben
Dann zertrümmre mein Pokal
In zehntausend Scherben
Jedermann hat von Natur
Seine sondre Weise
Mir gelinget jedes Werk
Nur nach Trank und Speise
Speis‘ und Trank erhalten mich
In dem rechten Gleise
Wer gut schmiert, der fährt auch gut
Auf der Lebensreise
Ich bin gar ein armer Wicht
Bin die feigste Memme
Halten Durst und Hungerqual
Mich in Angst und Klemme
Schon ein Knäbchen schüttelt mich
Was ich auch mich stemme
Einem Riesen halt‘ ich Stand
Wann ich zech und schlemme
Echter Wein ist echtes Öl
Zur Verstandeslampe
Gibt der Seele Kraft und Schwung
Bis zum Sternenrampe
Witz und Weisheit dunsten auf
Aus gefüllter Wampe
Baß glückt Harfenspiel und Sang
Wann ich brav schlampampe
Nüchtern bin ich immerdar
Nur ein Harfenstümper
Mir erlahmen Hand und Griff
Welken Haupt und Wimper
Wann der Wein in Himmelsklang
Wandelt mein Geklimper
Sind Homer und Ossian
Gegen mich nur Stümper
Nimmer hat durch meinen Mund
Hoher Geist gesungen
Bis ich meinen lieben Bauch
Weidlich vollgeschlungen
Wann mein Kapitolium
Bacchus Kraft erschwungen
Sing und red ich wundersam
Gar in fremden Zungen
D’rum will ich, bei Ja und Nein
Vor dem Zapfen sterben
Nach der letzten Ölung soll
Hefen noch mich färben
Engelchöre weihen dann
Mich zum Nektarerben
Diesem Trinker gnade Gott
Lass ihn nicht verderben
Text: Gottfried August Bürger (1777)
Musik: a) auf die Melodie von „O Tannenbaum“ – b) auf „Gaudeamus Igitur“ – c) von J. A. P. Schulz 1784
in Deutscher Liederhort III (1894, Nr. 1690 Zechergelübde“, freie Verdeutschung des „Mihi est propositum“
Böhme: „Eine anstößige, frivole Stelle von der letzten Oelung ist in der spätern Ausgabe entfernt:“ Daher in 1.5 – 1.8: „Mit mir soll der letzte Rest in der Gruft verderben, dann zertrümmre mein Pokal in zehntausend Scherben“