Ich stund an einem Morgen
Heimlich an einem Ort
Da hätt ich mich verborgen,
Ich hört klägliche Wort
Von einem Fräulein hübsch und fein,
Das stund bei seinem Buhlen,
es muß geschieden sein
Herzlieb, ich hab vernommen
Du wolltst von hinnen schier
Wenn willst du wiederkommen
Das sollst du sagen mir
So merk, Feinslieb, was ich dir sag
Mein Zukunft tust du fragen
Ich weiß weder Zeit noch Tag
Das Fräulein weinet sehre
Ihr Herz was Unmuts voll
So gib mir Weis und Lehre
Wie ich mich halten soll
für dich so setz ich all mein Hab
Und willst du hier beleiben
Ich verzehr dich Jahr und Tag
Der Knab, der sprach aus Mute,
Dein Willen ich wohl spür,
Verzehrten wir dein Gute,
Ein Jahr war bald hinfür,
Darnach müßt es geschieden sein,
Ich will dich freundlich bitten,
Setz deinen Willen drein.
Das Fräulein, das schrie Morde!
Mord über alles Leid
Mich kränken deine Worte
Herzlieb, nit von mir scheid
Für dich da setz ich Gut und Ehr
Und sollt ich mit dir ziehen
Kein Weg wär mir zu schwer
Der Knab der sprach mit Züchten
Mein Schatz, ob allem Gut
Ich will dich freundlich bitten
Schlag solchs aus deinem Mut.
Gedenk wohl an die Freunde dein,
Die dir kein Arges trauen
Und täglich bei dir sein
Da kehrt er ihr den Rucken,
Und sprach nit mehr zu ihr.
Das Fräulein tät sich schmucken
In einen Winkel schier
Und weinet, dass sie schier verging;
Das hat ein Schreiber gesungen.
Wies einem Fräulein ging
Text und Musik: Verfasser unbekannt – aus dem 16. Jahrhundert
in Deutscher Liederhort (1893, Nr. 742)
„…Ich stund an einem Morgen heimlich an einem Ort“ , das zu Anfang des 16. Jahrhunderts wohl das beliebteste Lied überhaupt war; jedenfalls findet es sich in allen erhaltenen Liederbüchern. Von den großen Meistern der Zeit wurde es wiederholt mehrstimmig gesetzt, unvergleichlich schön von H. Isaak .“ (Anmerkungen in Der Spielmann ) Ähnlichkeit zu Grüß Gott dich schöner Maien