Ich sing ein Lied und weiß nit wie
von einem Mann der ist nit nie
er ist in fremde Lande
Er darf nit mehr zu uns daher
ist ihm ein große Schande, ja Schande.
Text: Verfasser unbekannt
Musik: Ich weiß nit was der Lilgen brist Deutscher Liederhort II (1893, Nr. 305 „Spottlied auf den vertriebenen Pfalzgrafen Friedrich“)
Anmerkungen zu "Ich sing ein Lied (Spottlied Pfalzgraf Friedrich)"
Text und Melodie (ohne Überschrift) in Werlins Hschr. 1646 S. 234. Werlins Text ist der Anfang eines um 1621 entstandenen Spottliedes auf den vertriebenen und in den Niederlanden lebenden Pfalzgrafen Friedrich. Vollst. Text durch Grimm mitgeth. in altd. Bll. II, 138. Mehr als der Text interessiert uns die Melodie, die jedenfalls viel älter ist. Sie hieß wohl ursprünglich „Ich weiß nit was der Lilgen brist“, dann neuer Ton von Mailand 1522, Dorneckerlied 1521 u. Pavierton (1525). Folgen wir ihren Spuren und Wandlung ihres Namens:
a) Ein Lied zu Ehrcn des hochgeborenen Fürsten und Herrn Landgrafen zu Hessen (1552 gedruckt). Im thon: „Ich weiß nit was der Lilgen brist“ lautet:
Ich wollt gern singen und weiß nit wie
von einem Fürsten, ist nit hie
verhoff ihn bald zu sehen
Mit Gottes Hilf wir heben an
Gotts will der soll geschehen.
(Wk. III. 1237.)
Wortähnlichkeit und gleiche Form zeigt uns, dass hier ein älterer Text vorliegt, davon der Werlinsche nur eine kleine Umbildung ist. Daraus darf man folgern: daß hier auch die Singweise zu dem bisher nicht weiter gekannten Liede „Ich weiß nit was der Lilgen (Gilgen) brist“ gefunden ist. Wieder dieselbe Tonangabe hat ein anderes historisches Lied 1552 auf Moritz (s. Lil. 593). Das Lilienlied selbst ist nicht weiter gekannt.
b) Der neue Ton von Mailand hat offenbar seinen Namen von dem Liede auf die Schlacht bei Bicocca 1522, unfern Mailand, das beginnt:
Hört von Mailand ein neu Gedicht
was unser Kaiser hat ausgericht
ein Mehrer ’s Heilgen Reiches
zu Osteren || ihr wißt wohl wenn,
nun merkent allgeleiche.
(v. Lil. Nr. 361.)
Wo uns als Tonbezeichnung der Mailänderton begegnet, ist die Strophenform wie hier, fünfzeilig, aber mit Halbierung und Binnenreim in vierter Zeile. Diese Eigenheit weist vorstehende Strophe und obige Melodie auf; nicht unwahrscheinlich wäre, dass in vorstehender Melodie der neue Mailänderton vorliegt.
Dass aber dieser wieder mit der Weise von der Lilie identisch war, folgt aus dem Umstande, dass es ein fünfzeiligcr Text auf die Einnahme von Mailand gibt, dessen Überschrift lautet: Gott weeth wohl wer uns die Lilien bricht. (Ist das nicht direkter Fingerzeig ?) Das Lied selbst beginnt:
Got wet wol, wer uns de Lilien bricht
und wer sich na dem adel richt
so gar mit ryken schalle
To Meiland aver der werdigen stadt
dar sach men de lanzknecht alle.
(v. Lil. Nr. 358).
Man darf mit Liliencron annehmen : die Eingangsstrophe des polit. Liedes sei eine Parodie jenes nur in seinem Anfange erhaltenen Lilienliedes, jetzt auf die franz. Lilie angewendet.
Als ein altes holsteinsches Lied führt Schütze (Idiotikon 2, 43) an: .Gott weet wol wer uns die Lilljen brickt“.
c) Der Mailanderton soll nach Liliencron’s Vermutung (Ton 62) später (1525) den Namen Pavierton (fünfzeilig) angenommen haben.
d) Das Dorneckerlied entstand 1521 auf die Einnahme von Doornick (Tournay). Es beginnt:
„Wer sucht, der findt. Hab ich gehört,
all ding wird schlecht und widir kört
nach gstalt ayne yeden fachen;
zwai wort allein || das dein und mein
die tun vil Hader machen.“
„In dem neuen Thon von Thorneck“ heißt die Überschrift. Man sieht: es ist die fünfzeilige Strophe mit Halbierung der vierten Zeile, ganz so wie im neuen Mailänderton. Schwerlich ist anzunehmen, dass im Lauf eines Jahres zwei gleichmetrische neue Volksweisen entstanden seien. Dagegen ist’s keine Vermessenheit: beide Töne (den Dornecker- und Mailänder) für gleich zu halten. (Böhme, Liederhort)
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