Ich klopfe an zum heiligen Advent
Und stehe vor der Tür
O selig, wer des Hirten Stimme kennt
Und eilt und öffnet mir!
Ich werde Nachtmal mit ihm halten
Ihm Gnade spenden, Licht entfalten
Ich klopfe an
Ich klopfe an, da draußen ist´s so kalt
In dieser Winterzeit
Vom Eise starrt der finstre Tannenwald
Die Welt ist eingeschneit
Auch Menschenherzen sind gefroren
Ich stehe vor verschlossnen Toren
Ich klopfe an.
Ich klopfe an, sähst du mir nur einmal
Ins treue Angesicht, den Dornenkranz
Der Nägel blutig Mal,
O du verwärfst mich nicht
Ich trug um dich so heiß Verlangen
Ich bin so lang dich suchen gangen
Ich klopfe an.
Ich klopfe an, der Abend ist so traut
So stille, nah und fern
Die Erde schläft, vom klaren Himmel schaut
Der lichte Abendstern
In solchen heilgen Dämmerstunden
Hat manches Herz mich schon gefunden
O denk, wie Nikodemus einst getan:
Ich klopfe an!
Ich klopfe an und bringe nichts als Heil
Und Segen für und für
Zacchäus Glück, Marias gutes Teil
Beschert ich gern auch dir
Wie ich den Jüngern einst beschieden
In finstrer Nacht den süßen Frieden
So möchte ich dir mit sel´gem Gruße nah´n
Ich klopfe an.
Ich klopfe an, bist, Seele, du zu Haus
Wenn dein Geliebter pocht?
Blüht mir im Krug ein frischer Blumenstrauß
Brennt deines Glaubens Docht?
Weißt du, wie man den Freund bewirtet?
Bist du geschürzet und gegürtet?
Ich klopfe an.
Ich klopfe an, klopft dir dein Herze mit
Bei meiner Stimme Ton?
Schreckt dich der treusten Mutterliebe Tritt
Wie fernen Donners Droh´n?
O hör auf deines Herzens Pochen
Ich deiner Brust hat Gott gesprochen
Wach auf, der Morgen graut, bald kräht der Hahn
Ich klopfe an.
Ich klopfe an. Sprich nicht: Es ist der Wind
Er rauscht im dürren Laub
Dein Heiland ist’s, dein Herr, dein Gott, mein Kind
O stelle dich nicht taub
Jetzt komm ich noch im sanftem Sausen,
Doch bald vielleicht im Sturmesbrausen,
Ich klopfe an
Ich klopfe an, jetzt bin ich noch dein Gast
Und steh vor deiner Tür
Einst, Seele, wenn du hier kein Haus mehr hast
Dann klopfest du bei mir
Wer hier getan nach meinem Worte
Dem öffn‘ ich dort die Friedenspforte
Wer mich verstieß, dem wird nicht aufgetan
Ich klopfe an.
Text : Karl Gerok (1815-1890)
Musik: Melodie „Es ist noch Raum“
in Kinderklänge (1921)