Ich bin der Schlächter Bonapart
Ich schlacht das Vieh nach meiner Art
Ich mach die graden Glieder krumm
Und die gescheiten Menschen dumm
Ich stamm vom Metzger Bona her
Und würge wie ein wilder Bär
Und meine gnädige Mamma
War eine Magd in Corsika
Auch heiße ich Napoleon
Ich stahl mir einen blut’gen Thron
Allein es währt nur kurze Zeit
Die frech gestohlne Herrlichkeit
Die Schlacht war meiner Seele Trost
Und Menschenfleisch die Lieblings-Kost
Ich trank das Blut statt Moselwein
Und schlürfte Witwen-Tränen ein
Der Mückenheld Domitian,
War gegen mich ein kleiner Mann
Ich hab mehr Menschen abgeschlacht
Als dieser Fliegen umgebracht
Ich war halt keinem Menschen gut
Und schor das Volk bis auf das Blut
Nun bietet man im Gegenteil
Selbst meine Haut zu scheren feil
Aus Potsdam einst vertriebe ich
Den Bruderssohn von Friederich
Und nun, o Himmel! steh mir bei
Drückt Preußen mir das Genick entzwei
Zu Ulm am Donaustrand, o weh
kuriert’ ich Österreichs Armee
Nun hat das Blätt’gen sich gewandt
Und Östreich spuckt in meinem Land
Ich ging beim Teufel in die Schul
Und jagt’ den Papst vom Petersstuhl
Nun hat mich in den Kirchenbann
Der Papst aus Dankbarkeit getan
Ich wollt Europas Kaiser sein
Und zog darum in Moskau ein
Doch schlecht bekam mir diese Reis
Mein halbes Heer erfror zu Eis
Der Teufel hohl die Moskowa
Ich fand mein erstes Unglück da
Er hole auch die Beresin
Des Heeres Rest ersoff darin
Ich plünderte die halbe Welt
Ich nahm von Freund und Feinde Geld
Nun holt, o großes Ungelück
Sich Freund und Feind den Raub zurück
Die Könige die ich gemacht
Erklären mich jetzt in die Acht
Und selbsten meiner Schwester Mann
Schließt sich an meine Feinde an
Ich hab das Völkerrecht verletzt
Und manche Fürsten abgesetzt
Nun kommt die Reihe auch an mich
Mein eigen Volk läßt mich im Stich
Was wird am Ende noch aus mir
Der Russe setzt mich vor die Tür
Die Tochter nahm der Franz zurück
Mir bleibt nichts übrig als der Strick
Text: Verfasser unbekannt, wohl 1813
Musik: auf die Melodie von „Ich bin der Doktor Eisenbart“
in: Historische Volkslieder und Zeitgedichte vom sechzehnten bis neunzehnten Jahrhundert. Gesammelt und erläutert von August Hartmann. 3. Band: Von 1756 bis 1879. München 1913, S. 129–132 (Nr. 249). – DVA: Bl 2294 (Kopie; Original: Zürich Gal XVIII 1636/8a)