Ich bin der wohlbekannte Sänger – Rattenfänger

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Ich bin der wohlbekannte Sänger – Rattenfänger

Ich bin der wohlbekannte Sänger,
Der vielgereiste Rattenfänger
Den diese altberühmte Stadt
Gewiß besonders nötig hat.
Und wären´s Ratten noch so viele
Und wären Wiesel mit im Spiele:
Von allen säubr´ ich diesen Ort,
Sie müssen miteinander fort

Dann ist der gutgelaunte Sänger
Mitunter auch ein Kinderfänger,
Der selbst die wildesten bezwingt,
Wenn er die goldnen Märchen singt.
Und wären Knaben noch so trutzig,
Und wären Mädchen noch so stutzig,
In meine Saiten greif‘ ich ein,
Sie müssen alle hinterdrein.

Dann ist der vielgewandte Sänger
Gelegentlich ein Mädchenfänger;
In keinem Städtchen langt er an,
Wo er’s nicht mancher angetan.
Und wären Mädchen noch so blöde,
Und wären Weiber noch so spröde,
Doch allen wird so liebebang
Bei Zaubersaiten und Gesang.

Text: Goethe
Musik: Verfasser unbekannt – mündlich überliefert

CDs und Bücher mit Ich bin der wohlbekannte Sänger – Rattenfänger:

Anmerkungen zu "Ich bin der wohlbekannte Sänger – Rattenfänger"

Hier steht die Volksmelodie, die mit Begleitung der Guitarre, durch Einzeldruck des Liedes (Berlin bei Concha) schon vor 1810 bekannt war. Etwas abweichend fand sie Erk in einem geschriebenen Liederbuch 1814. Andere Melodie bei Ehlers, Gesänge mit Begl. der Guitarre, Tübingen 1804.

Nach der ersten Hälfte unserer Melodie sang man in Thüringen und am Rhein bis um 1850 ein Spottlied auf die armen Schulmeister: „Und wenn im Dorf die Frage ist, wer das geplagtste Tier wohl ist, so stimmt gewiß ein jeder ein, das ist das Dorfschulmeisterlein“.

Das Gedicht von Goethe zuerst gedruckt in Taschenbuch für das Jahr 1804, herausgegeben von Wieland und Goethe, Tübingen, S. 148. Düntzer I 287 setzt die Entstehung des Liedes ins Jahr 1802. Dass es schon früher bei Anwesenheit des Bellancaschen Kinderballets 1784 gedichtet worden, ist zweifelhaft, weil Goethe sich damals noch nicht mit dem Theater befasste. Vergl. Volkslied im Wunderhorn I 44 a A.