Holder Jüngling mein Verlangen
Höre was dein Liebchen spricht
Lass mich küssen deine Wangen
Und sprich: Ja ich liebe Dich
Selbst mein Vater war ein Reiter
Meine Mutter liebte mich
Und ich war noch jung und heiter
Selbst ein Jüngling küsste mich.
Beide sind dahin geschieden
Beide schweb’n in süsser Ruh
Sie geniessen Himmelsfrieden
Und ich bring im Kerker zu.
Ach wie dunkel sind Mauern
Und wie sein die Ketten schwer
Ach wie lange soll’s noch dauern
Gibts denn keine Rettung mehr.
Ach ich bin so ganz verlassen
Bin veracht von jedermann
Freund und Feinde thun mich hassen
Niemand nimmt sich meiner an.
Sollt ich denn nun unterliegen
Und im Kerker schlafen ein
Nun so pflanz auf meinem Grabe
Rosen und Vergiss nicht mein.
Holder Jüngling meinst du’s redlich
Oder treibest du nur Scherz
Denk, o, denk es ist gefährlich
Für ein armes Mädchenherz.
Aus dem Notizbuch von Oscar Schach , Kgl. Sächs. Inf.Reg.Nr.106, 5.Comp. z.Z. Garnison Chemnitz
Gedient 1873 – 1876 – DVA A 109161